WEBVTT 00:00:00.000 --> 00:00:03.500 00:00:03.500 --> 00:00:06.000 Meine Eltern sind ursprünglich aus Vietnam geflüchtet. 00:00:06.000 --> 00:00:11.480 Und ihre erste Station war in Malaysia, in einem Flüchtlingslager. Und dort bin ich auf die Welt gekommen. 00:00:11.480 --> 00:00:16.280 Und kurz danach, mit einem Monat, hat sich die Möglichkeit ergeben, ... 00:00:16.280 --> 00:00:19.000 ... dass meine Eltern und ich halt nach Österreich kommen können. 00:00:19.000 --> 00:00:24.100 Das heißt, mit einem Monat sind wir zuerst nach Oberösterreich, nach Thalheim, gekommen. 00:00:24.100 --> 00:00:28.560 Das war das erste Lager dort. Und von dort wurden halt dann die Flüchtlinge verteilt auf Österreich. 00:00:28.560 --> 00:00:35.560 Und mein Vater hat dann die Möglichkeit bekommen, in Niederösterreich, auf so einem Landgut halt, zu arbeiten und dort zu wohnen. 00:00:35.560 --> 00:00:39.640 Und so sind wir dann halt nach Furth in Niederösterreich gekommen. 00:00:39.640 --> 00:00:46.040 Und […] das Glück halt damals // oder der Unterschied zu heute war halt, ... 00:00:46.040 --> 00:00:54.200 ... dass halt aktiv die Leute in den Dörfern oder Gemeinden Flüchtlinge angefordert haben. 00:00:54.200 --> 00:01:00.300 Oder sich bereit erklärt haben, Flüchtlinge aufzunehmen. Und das war halt dort, in dem kleinen Dorf in Furth an der Triesting, so: 00:01:00.300 --> 00:01:05.640 Das war ein alter Mann damals, der einen Bericht im Fernsehen gesehen hat über das Flüchtlingslager in Malaysia. 00:01:05.640 --> 00:01:10.360 Und der das so […] so erschütternd gefunden hat, dass er gesagt hat, er muss was machen. 00:01:10.360 --> 00:01:14.920 Man kann da nicht einfach zuschauen halt. Und […] und er hat begonnen dann dort mit der […] 00:01:14.920 --> 00:01:20.280 ... mit der lokalen Bevölkerung, und mit dem Pfarrer aus dem Ort halt, sowas zu organisieren. 00:01:20.280 --> 00:01:25.520 Und […] es war dann ein Arbeitsplatz, ein Wohnplatz, die erste Hilfe. 00:01:25.520 --> 00:01:31.000 Es war einfach jemand da, der bei den ersten Schritten halt geholfen hat. Und unterstützt hat. 00:01:31.000 --> 00:01:36.850 Und so bin ich halt dort dann aufgewachsen. Also es war so: mein Vater hat dort gearbeitet; 00:01:36.850 --> 00:01:44.160 ... ich bin dann dort in den Kindergarten, in die Volksschule gegangen. Und dann später halt ins Gymnasium, in den nächsten größeren Ort. 00:01:44.160 --> 00:01:56.500 Und dann zum studieren nach Wien. Und […] was gibt's da noch zu erzählen? 00:01:56.500 --> 00:02:00.870 Es war zum Beispiel, was ich jetzt im Vergleich zu heute erzähle, in meiner Biographie [...] 00:02:00.870 --> 00:02:09.840 ... war halt einfach das, was jetzt quasi viele Flüchtlinge nicht wollen: In so ein kleines, abgelegenes Örtchen - also dort wo wir aufgewachsen sind. 00:02:09.840 --> 00:02:13.840 Das hat 800 Einwohner, am Land, wo halt nicht ist und keine Infrastruktur. 00:02:13.840 --> 00:02:19.000 Aber was dort war halt, dass [...] oder da war eine Gemeinde da; da waren Leute, die sich um einen gekümmert haben. 00:02:19.000 --> 00:02:23.800 Das war der große Unterschied. Also ich habe mich dort als Kind nie fremd gefühlt. 00:02:23.800 --> 00:02:28.000 Vielleicht, weil es das auch war [...] weil wir halt die einzige Ausländerfamilie dort waren. 00:02:28.000 --> 00:02:30.680 Aber ich bin mit den anderen Kindern dort in die Schule gegangen. 00:02:30.680 --> 00:02:33.640 Ich war ministrieren und tratschen und so was […] 00:02:33.640 --> 00:02:38.320 Und jeder hat uns gekannt. Also wir waren nicht unbekannt, das ist der große Unterschied, glaube ich, gewesen. 00:02:38.320 --> 00:02:47.520 Und […] und das wovor sich, glaube ich, Flüchtlinge jetzt hier dann fürchten - die Einsamkeit und dieses nicht den Anschluss an die Community finden - ... 00:02:47.520 --> 00:02:53.600 ... das kann halt auch ein Vorteil sein. Natürlich waren halt meine Eltern einsam; weil es dort keine anderen Vietnamesen gegeben hat. 00:02:53.600 --> 00:03:01.400 Aber […] aber sie mussten quasi die Leute im Ort [und] meine Eltern mussten quasi miteinander auskommen, weil es niemand anderen gegeben hat. 00:03:01.400 --> 00:03:06.080 Und im Vergleich, zum Beispiel, zu vielen aus der Generation meines Vaters, ... 00:03:06.080 --> 00:03:11.400 ... hat mein Vater dort so ein Dialektdeutsch gelernt. Weil die Leute nicht anders mit ihm geredet haben. 00:03:11.400 --> 00:03:14.960 Die haben nicht, wie in der Stadt halt, gebrochen Deutsch mit ihm gesprochen. 00:03:14.960 --> 00:03:22.920 Und der hat das dann so gelernt. So, und er spricht jetzt halt einen Furthner niederösterreichischen Dialekt mit einem vietnamesischen Akzent. 00:03:22.920 --> 00:03:25.600 Und das ist halt der Unterschied gewesen, glaube ich, dort. 00:03:25.600 --> 00:03:32.480 Und deswegen kann man nicht pauschal sagen es ist jetzt in der Stadt besser, man hat mehr Möglichkeiten. 00:03:32.480 --> 00:03:38.360 Es kommt viel mehr, glaube ich, darauf an, was für Leute man trifft. Welche Unterstützung man hat. 00:03:38.360 --> 00:03:42.400 Man kann in der Stadt genauso einsam sein und nicht wissen wo man welchen Anschluss findet. 00:03:42.400 --> 00:03:52.640 Das war der große Unterschied. Und für mich, zum Beispiel, war [...] die ersten negativen Erlebnisse waren für mich, zum Beispiel, erst wie ich ins Gymnasium gekommen bin. 00:03:52.640 --> 00:03:57.440 In die nächstgrößere Stadt. Das heißt wo man die Leute dann halt nicht mehr kennt. 00:03:57.440 --> 00:04:03.360 Wo die Leute halt dann anhand [von] Vorurteilen einen einschätzen und halt in eine Schublade stecken. 00:04:03.360 --> 00:04:13.120 Und das war dann für mich, zum Beispiel, sehr […] sehr verwirrend und auch sehr […] deprimierend halt auch. 00:04:13.120 --> 00:04:18.000 Weil es einfach [...] ich habe damit nicht umgehen können. „Warum? Warum sind die Leute so zu mir?“ halt. 00:04:18.000 --> 00:04:23.480 Und dann habe ich erst [...] quasi mit dem Alter erst schätzen können, was ich dort in Furth eigentlich gehabt habe. 00:04:23.480 --> 00:04:30.960 Dass die Leute halt einfach [...] dass man halt nicht das Gefühl gehabt hat, man darf nicht irgendwohin oder man ist nicht erwünscht oder so was. 00:04:30.960 --> 00:04:42.500 Und das war dann der große Unterschied. Und vielleicht kann man das halt mitnehmen in der Integration, oder in der Aufnahme. 00:04:42.500 --> 00:04:45.760 Dass es halt weniger um die Infrastruktur geht, sondern dass halt um die Menschen. 00:04:45.760 --> 00:04:50.700 Dass jemand sich um einen kümmert […] mit dem man [...] anhand einer Community, ... 00:04:50.700 --> 00:04:57.000 ... wo man halt auch seine eigenen Wahrnehmungen und Vorurteile auf beiden Seiten vielleicht in Frage stellt. 00:04:57.000 --> 00:05:05.200 Das was quasi Flüchtlinge glauben, oder was halt die lokale Bevölkerung glaubt. Ohne es zu wissen. Ja. 00:05:05.200 --> 00:05:08.000 00:05:08.000 --> 00:05:14.400 I: Ich würde vielleicht ganz gerne noch an den Anfang deiner Erzählung zurückspringen und fragen, ... 00:05:14.400 --> 00:05:22.900 I: ... ob du auch Erzählungen von deinem Vater kennst, wie es eigentlich zu der Flucht aus Vietnam gekommen ist. 00:05:22.900 --> 00:05:28.360 I: Und zu den verschiedenen Stationen und wie es dort war und was er dort erlebt hat. 00:05:28.360 --> 00:05:33.920 Also das Leben meiner Eltern war eigentlich die letzten Jahrzehnte immer nach vorne gerichtet. 00:05:33.920 --> 00:05:40.360 Das heißt man arbeitet, man baut sich was auf, man schaut, dass die Kinder eine gute Ausbildung bekommen. 00:05:40.360 --> 00:05:42.700 Und es wurde nicht über die Vergangenheit geredet. 00:05:42.700 --> 00:05:44.960 Weil einfach der ganze Blick nach vorne gerichtet war. 00:05:44.960 --> 00:05:50.640 Und dann erst wie ich dann halt älter war, oder auch mit dem Filmemachen mich halt mit der eigenen Vergangenheit beschäftigt habe, ... 00:05:50.640 --> 00:05:56.700 ... habe ich halt begonnen zu fragen: „Wie war das? Warum bist du geflüchtet? Wie war das Flüchtlingslager?“ 00:05:56.700 --> 00:05:58.600 Vorher hat es mich selber halt auch nicht interessiert. 00:05:58.600 --> 00:06:02.160 Weil ich war auch selber damit beschäftigt, meinen Platz hier zu finden. 00:06:02.160 --> 00:06:07.800 Und erst ab dem Zeitpunkt hat mein Vater erst davon wirklich begonnen zu erzählen. 00:06:07.800 --> 00:06:17.400 Oder […] es war halt ein Zufall, dass mein Interesse gewachsen ist und er quasi nicht mehr nur den Blick nach vorne richten musste. 00:06:17.900 --> 00:06:22.700 Also wir Kinder waren erwachsen, er hat einen Job gehabt […] er hat sich was aufgebaut gehabt. 00:06:22.700 --> 00:06:25.040 Und das war jetzt die erste Zeit, wo er halt zurückblicken konnte. 00:06:25.040 --> 00:06:33.800 Und da dann quasi [...] ich habe das ja alles, auch diese Geschichte, halt quasi in meinen Film („Tomorrow you will leave“) verarbeitet. 00:06:33.800 --> 00:06:38.320 Und [...] um einfach zu hören, wie das Leben in diesem Flüchtlingslager war. 00:06:38.320 --> 00:06:41.720 Das man geflüchtet ist, ohne zu wissen wohin man kommt. 00:06:41.720 --> 00:06:49.440 Und die Vorstellung, dass die Ungewissheit einem mehr Hoffnung bringt als die Gewissheit, dort zu bleiben wo man ist - ... 00:06:49.440 --> 00:06:51.500 ... da muss die Verzweiflung schon groß sein. 00:06:51.500 --> 00:06:56.120 Also das ist ja nicht ein „man bucht ein Flugticket und setzt sich dann ins Flugzeug und weiß wohin man kommt“. 00:06:56.120 --> 00:07:02.440 Das waren […] meine Eltern sind halt geflüchtet über Nacht, in einem Boot das nicht hochseetauglich war. 00:07:02.440 --> 00:07:07.520 Gewusst, dass da draußen halt Piratenwarten warten, die halt gewusst haben: da kommen Flüchtlinge mit ihrem Hab und Gut. 00:07:07.520 --> 00:07:11.850 Und nicht zu wissen, wo man ankommt. Ja, und wenn man die Geschichten gekannt hat, ... 00:07:11.850 --> 00:07:17.080 .... dass die Bekannten oder Verwandten geflüchtet sind und niemand hat jemals wieder was von ihnen gehört. 00:07:17.080 --> 00:07:24.520 Und mein Vater hat dann damals sehr oft von […] von dem Glück und Zufall gesprochen. 00:07:24.520 --> 00:07:32.160 Von vielen Dingen, die er nicht halt planen konnte. Dass er halt das mit meiner Mutter auf dieses [...] nach Malaysia geschafft hat. 00:07:32.160 --> 00:07:37.400 Dieses Flüchtlingslager. So viele […] dass ich dort gesund auf die Welt gekommen bin. 00:07:37.400 --> 00:07:44.640 Oder [...] und die Geschichte ist so, dass wie er nach Österreich gekommen ist [...] es war auch ein Zufall. 00:07:44.640 --> 00:07:50.600 Weil ursprünglich wollten halt die meisten Vietnamesen zum Beispiel nach Amerika, Kanada, Australien. 00:07:50.600 --> 00:07:57.500 Und dafür hat es aber lange Wartelisten gegeben. Oder Prioritätenlisten heute. 00:07:57.500 --> 00:08:03.280 Und dort sind sie halt im Lager [...] ist dann einmal halt eines Tages ein Aufruf über die Lautsprecher dort gekommen, ... 00:08:03.280 --> 00:08:08.680 ... dass Österreich einen Platz für eine Familie mit einem Kind hat. 00:08:08.680 --> 00:08:16.200 Und mein Vater damals halt nicht mehr mit einem Neugeborenen im Flüchtlingslager […] wo halt einfach ... 00:08:16.200 --> 00:08:22.480 Es war halt zu eng; die hygienischen/sanitären Bedingungen waren einfach sehr schlecht dann dort. 00:08:22.480 --> 00:08:27.400 Und er hat gesagt: nein, es muss halt jetzt woanders einfach besser sein, als jetzt dort in diesem Lager zu warten ... 00:08:27.400 --> 00:08:30.720 ... und nicht zu wissen, wohin man kommt. Oder wie lange man warten muss. 00:08:30.720 --> 00:08:35.640 Und er hat halt dann gesagt: „Dann gut“. Er trägt sich dort ein und wir gehen jetzt einfach. 00:08:35.640 --> 00:08:41.080 Und ich habe ihn dann halt gefragt, ob er damals halt schon gewusst hat, wo Österreich liegt. Und er hat gesagt nein, er at keine Ahnung gehabt. 00:08:41.080 --> 00:08:45.800 Und […] aber es muss halt woanders einfach besser sein als das. 00:08:45.800 --> 00:08:55.400 Und so ist dann halt [...] ein Zufall hat sich an den anderen Zufall gereiht. Und so ist halt auch meine Biographie entstanden. 00:08:55.400 --> 00:09:00.900 Das ist halt jetzt kein linearer Weg, sondern meine Eltern haben sich auch etwas anderes für ich halt vorgestellt. 00:09:00.900 --> 00:09:08.000 Also sie […] ihre Vorstellung war hat: sie arbeiten hart und die sind [...] mein Vater ist halt dort auf diesem Landgut ein einfacher Landarbeiter. 00:09:08.000 --> 00:09:10.480 Der halt nicht viel verdient hat und so. 00:09:10.480 --> 00:09:14.120 Aber sie wollten halt immer, dass wir halt eine bessere Ausbildung haben als […]. 00:09:14.120 --> 00:09:20.800 Dass ich halt dann vielleicht dann JUS studiere oder Arzt werde. Also diese klassischen Sachen, die sie halt gekannt haben. 00:09:20.800 --> 00:09:26.200 Und für sie war es dann halt auch schwierig, dass ich, oder auch meine Geschwister, eine anderen Weg halt gewählt haben. 00:09:26.200 --> 00:09:33.840 Dass wir die Freiheit oder die Wahlmöglichkeiten, die wir hier kennengelernt haben, auch nutzen wollten halt dann. 00:09:33.840 --> 00:09:37.400 00:09:37.400 --> 00:09:40.280 I: Du hast ja jetzt auch schon deinen Film angesprochen. 00:09:40.280 --> 00:09:51.320 I: Und ich wollte fragen […] also in diesen Film begleitest du ja eigentlich auch deine Familie - also eigentlich auch deinen Vater - ... 00:09:51.320 --> 00:10:02.560 I: ... auf dem Weg, beziehungsweise bei der Suche nach einer Person, die ihm vor allem geholfen hat in dieser Situation. 00:10:02.560 --> 00:10:10.300 I: Und ich wollte dich fragen, ob du erzählen könntest, was es auch für dich - also diese Erfahrung - auch für dich bedeutet hat. 00:10:10.300 --> 00:10:13.520 I: Diese Suche mit deinem Vater zu durchleben. 00:10:13.520 --> 00:10:20.900 Na es ist im Grunde genommen dann eine Vater-Sohn Reise halt geworden. 00:10:20.900 --> 00:10:28.000 Also […] also diese Geschichte, die er dann erzählt hat. Oder er hat einfach plötzlich einen Grund gehabt [...] 00:10:28.000 --> 00:10:33.880 ... oder eine Möglichkeit zu haben, davon zu erzählen, weil ich gefragt habe. 00:10:33.880 --> 00:10:40.720 Und ich habe immer nur so kleine Erinnerungsfetzen bekommen. 00:10:40.720 --> 00:10:45.850 Und habe aber früher nicht nachgefragt, oder sowas. Und dann habe ich halt nachgefragt und so ist diese Geschichte entstanden. 00:10:45.850 --> 00:10:49.000 So habe ich dann erfahren, dass es diesen Mann gegeben hat, der ihm geholfen hat. 00:10:49.000 --> 00:10:52.900 Ja, und dem man halt nie sagen konnte, was jetzt aus ihm geworden ist. 00:10:52.900 --> 00:10:59.080 Was aus der Summe dieser ganzen Zufälle - wohin sie ihn geführt haben. Dass diese kleine Hilfe ... 00:10:59.080 --> 00:11:03.440 ... diese vermeintliche aus der Sicht des Helfers, was das am Ende bewirkt hat. 00:11:03.440 --> 00:11:12.280 Und so ist halt die Idee entstanden, also halt so quasi das gegenüber zu stellen wo er jetzt ist und quasi wo dieser Beginn war. 00:11:12.280 --> 00:11:17.240 Wo dieser Beginn dieser Reise war. Und das war für meinen Vater dann schon sehr emotional. 00:11:17.240 --> 00:11:24.600 Weil diese Orte, die wir besucht haben, oder dieses Flüchtlingslager, mit so vielen Emotionen halt dann aufgeladen waren. 00:11:24.600 --> 00:11:33.800 Und dann dort das erste Mal, damals war das halt so nach fast dreißig Jahren halt, dann dort wieder hinzukommen und dann Dinge wiederzukennen und zu schauen und ... 00:11:33.800 --> 00:11:42.600 ... dann: „Da, schau! Da wurdest du geboren und da haben wir geschlafen“ und so. „Und da hat es ein kleines Café/einen kleinen Shop gegeben“ und so was. 00:11:42.600 --> 00:11:45.560 Ja und das war für ihn halt schon sehr emotional. 00:11:45.560 --> 00:11:53.560 Und für mich halt einfach [...] ich habe dann einfach dadurch [...] ich habe dann viel in Archiven halt dann recherchiert und so. Was für Material es gibt und so. 00:11:53.560 --> 00:12:00.240 Und auch für mich dann halt sehr emotional war es dann, wie ich das erste dann dort hingekommen bin. 00:12:00.240 --> 00:12:02.600 Weil das war der Ort, an dem ich geboren worden bin. 00:12:02.600 --> 00:12:09.360 Und das ist […] In deinem Pass steht das halt drinnen und das ist halt ein Name, der für dich halt, im Grunde genommen, keine Bedeutung hat. 00:12:09.360 --> 00:12:12.520 Den du nicht besuchen kannst, der einfach so weit weg liegt. 00:12:12.520 --> 00:12:22.700 Und das erste Mal dort den Fuß dort auf diesen Strand, in den Sand, zu setzen und zu schauen. Das war schon sehr emotional. Ja. 00:12:22.700 --> 00:12:25.000 00:12:25.000 --> 00:12:34.200 I: Ich finde es ja auch ganz spannend, dass du jetzt sagst: es war quasi so diese Situation, dass du einfach nachgefragt hast. 00:12:34.200 --> 00:12:45.280 I: Würdest du sagen, dass das vorher, also jetzt auch in Österreich, in dem Umfeld in dem du aufgewachsen bist auch einfach nicht passiert ist? 00:12:45.280 --> 00:12:51.680 Nein, weil einfach da mein, wie gesagt, mein Vater so einfach immer den Blick nach vorne gerichtet gehabt hat. 00:12:51.680 --> 00:12:54.720 Da haben ihn andere Dinge beschäftigt. 00:12:54.720 --> 00:13:00.920 Oder […] er ist halt auch nicht so aufgewachsen, dass man über seine Gedanken und Gefühle so spricht. 00:13:00.920 --> 00:13:05.720 Ja und das ist halt etwas, was [...] ich hier gelernt habe. 00:13:05.720 --> 00:13:08.360 Oder ich dann halt auch eingefordert habe oder sowas. 00:13:08.360 --> 00:13:13.480 Und das musste er dann erst quasi für sich dann anlernen/ anpassen. 00:13:13.480 --> 00:13:25.100 Und so quasi, glaube ich [...] für mich war es halt wichtig, diese Geschichte zu erzählen. Und auch festzuhalten. 00:13:25.100 --> 00:13:28.720 Auch für meine Kinder und die Generationen, die halt nachher kommen. 00:13:28.720 --> 00:13:35.680 Weil ich, oder auch meine Kinder, einfach diese Summe dieser Zufälle sind. 00:13:35.680 --> 00:13:40.840 Und ich möchte halt wissen […] ich wollte es wissen! Und ich möchte, dass meine Kinder halt wissen woher sie kommen. 00:13:40.840 --> 00:13:48.480 Woher ihr Großvater kommt. Was für Entbehrungen und Opfer er bringen musste, dass es halt mich gibt oder sie gibt. 00:13:48.480 --> 00:13:56.300 Dass das alles zusammenhängt. Dass wir nicht […] dass wir nicht als Individuum alleine existieren, sondern wir halt eine Geschichte haben. 00:13:56.300 --> 00:14:00.240 Und mit dieser Geschichte auch eine Verantwortung mitkommt. 00:14:00.240 --> 00:14:02.400 00:14:02.400 --> 00:14:11.960 I: Und jetzt innerhalb der vietnamesischen Community in Wien, oder in Niederösterreich, ... 00:14:11.960 --> 00:14:20.560 I: ... gab es da Austausch, oder gibt es da Austausch, wo dann auch die verschiedenen Lebensgeschichten erzählt werden? 00:14:20.560 --> 00:14:25.120 Also ich glaube in einem großen Rahmen habe ich es nicht so erlebt. 00:14:25.120 --> 00:14:34.480 Es waren dann halt schon auch mein Film und die anstehende Reise ein Grund für die Leute halt dann sich auszutauschen. 00:14:34.480 --> 00:14:40.800 Natürlich haben sie halt dann, wie sie in Österreich angekommen sind, […] also viele Vietnamesen haben sich dann hier halt erst kennengelernt. 00:14:40.800 --> 00:14:44.640 Also haben dann gefragt: „Wie war es bei dir?“ und „Von wo bist du geflüchtet?“ und so was. 00:14:44.640 --> 00:14:46.920 Aber es wurde mit den Kindern nicht drüber geredet. 00:14:46.920 --> 00:14:55.960 Also ich weiß es nicht, ob es dann auch war um sie nicht damit zu belasten halt. Es ist ja auch eine belastende Reise. 00:14:55.960 --> 00:15:00.560 Und die haben viele [...] meine Eltern hatten noch Glück, aber ich habe dann viele Geschichten auch gehört, ... 00:15:00.560 --> 00:15:07.000 ... die dann auf hoher See wirklich auf Piraten getroffen sind, die dort gestorben sind oder verschleppt worden sind. 00:15:07.000 --> 00:15:12.720 Ja und […] das ist halt viel schlimmer. Oder halt irgendwie […] irgendwie auf hoher See dann auch einfach verdurstet sind. 00:15:12.720 --> 00:15:19.640 Weil es einfach [...] kein Wasser […] niemand hat sie [...] die Orientierung haben sie verloren. Also diese Geschichten gibt es schon auch. 00:15:19.640 --> 00:15:23.600 00:15:23.600 --> 00:15:30.360 I: Du hast vorher auch erzählt, dass dieser Mann nach dem Beitrag, ... 00:15:30.360 --> 00:15:35.960 I: ... also dieser Mann aus Furth, sich mit dem Pfarrer zusammen geschlossen hat. 00:15:35.960 --> 00:15:47.440 I: Und ich wollte fragen, ob du auch über die Rolle der Kirche im Zusammenhang der Aufnahme von Flüchtlingsfamilien sprechen könntest? 00:15:47.440 --> 00:15:52.520 Ich habe dann einen anderen Film gemacht, der heißt „Die Kinder des Kardinals“. 00:15:52.520 --> 00:15:59.040 Und das war der Kardinal König damals, in der 80er Jahren, der diese Caritas-Aktion eigentlich ins Leben gerufen hat. 00:15:59.040 --> 00:16:07.440 Der hat gesagt, der hat halt die Gemeinden gebeten und das auch eingefordert: so quasi, dass wir in der christlichen Nächstenliebe auch dazu [...] 00:16:07.440 --> 00:16:14.320 ... das heißt, dass man Flüchtlinge jetzt aufnimmt. Und er hat damals dann eine Familie aufgenommen. 00:16:14.320 --> 00:16:18.560 Und das war halt quasi er, als Vorbild für die vielen Gemeinden. 00:16:18.560 --> 00:16:26.480 Und so ist diese Aktion dann entstanden, dass dann halt dann […] dort in dem Ort selber war es dann sehr treibend, der alte Mann, der Herr Karl Hofer, ... 00:16:26.480 --> 00:16:34.000 ... der das vorangetrieben hat. Weil der hat selber dann erzählt, dass der Pfarrer ein bisschen skeptisch war, weil es gibt keinen Arzt in dem Ort ... 00:16:34.000 --> 00:16:41.440 ... und die Infrastruktur […] was soll man mit den [...] wenn die krank werden, die Kinder, wie soll man das machen und so. Ja und das waren halt viele [...] auch er hat Widerstände erlebt schon. 00:16:41.440 --> 00:16:45.760 Und der hat gesagt: „Nein, wenn ihr jetzt alle hier nicht mitmacht, dann mache ich es auch nicht!“ 00:16:45.760 --> 00:16:49.680 Und dann haben die dann halt trotzdem mitgezogen. Jeder hat ein bisschen was getan halt. 00:16:49.680 --> 00:16:57.300 Und das war halt das, dieser […] dieser Unterschied in der Wahrnehmung, oder auch in der Öffentlichkeit. 00:16:57.300 --> 00:17:04.700 .... - also was ich damals halt recherchiert habe in den Medien, wie damals Medien darüber berichtet haben. - war ein anderer. 00:17:04.700 --> 00:17:10.840 Also es war, dass man halt diesem Leid nicht einfach zuschauen kann. 00:17:10.840 --> 00:17:19.700 Und das war damals zum Beispiel in der „ZEIT“ ein Artikel - die haben auch ein eigenes Schiff dann organisiert. Um halt Flüchtlinge aufzunehmen und so. 00:17:19.700 --> 00:17:30.100 Es war einfach eine andere Stimmung. Und gleichzeitig hat es aber auch damals schon die Vorurteile gegeben, die es heute schon gibt. 00:17:30.100 --> 00:17:40.760 War damals halt zum Beispiel, da haben wir eine Reportage im ORF-Archiv gefunden, wo sie Leute auf der Straße halt befragt haben - jetzt über die vietnamesischen Flüchtlinge. 00:17:40.760 --> 00:17:47.650 Und was sie davon halten. Und da waren halt zum Beispiel die Tschechen und die Ungarn, die grade geflüchtet waren ... 00:17:47.650 --> 00:17:50.320 ... und sich etwas hier in Österreich aufgebaut haben, die waren alle dagegen. 00:17:50.320 --> 00:17:54.480 Weil halt dieses Vorurteil, diese Angst, weiß nicht […] die nächsten nehmen mir was weg […] 00:17:54.480 --> 00:18:01.720 Die unten in der Hierarchieleiter halt stehen, die fürchten die, die als nächstes kommen, am meisten halt. Aber aus Angst halt. 00:18:01.720 --> 00:18:07.520 Die halt nicht begründet ist. Und diese ganzen Vorurteile, die […] so quasi: 00:18:07.520 --> 00:18:17.360 „Die Kultur passt nicht hierher und die sind von der Mentalität anders,“ diese gleichen Vorurteile hört man heute auch. Nur mit anderen Vorzeichen. 00:18:17.360 --> 00:18:25.960 Und das man […] ich bin leider halt dann so ein bisschen pessimistisch, dass man aus dem Satz „dass man aus der Geschichte lernt“, ... 00:18:25.960 --> 00:18:33.560 ... halt wirklich dann einen Nutzen ziehen kann. Weil das wiederholt sich halt [...] [es] wiederholen sich so viel Dinge wieder. 00:18:33.560 --> 00:18:39.700 00:18:39.700 --> 00:18:45.720 I: Nochmal zurückkommend auf diesen Film über die Kinder des Kardinal Königs. 00:18:45.720 --> 00:18:52.480 I: Da war ja Religion eigentlich doch auch in sofern ein wichtiges Thema, ... 00:18:52.480 --> 00:18:58.480 I: ... als dass die Familie dann beschlossen hat, zum christlichen Glauben zu konvertieren. 00:18:58.480 --> 00:19:04.640 I: Jetzt wollte ich fragen, welche Rolle Religion in deiner Familie gespielt hat. 00:19:04.640 --> 00:19:09.800 Jetzt grade also [...] die Familie vom Kardinal König und meine Familie kann man vielleicht gut gegenüber stellen. 00:19:09.800 --> 00:19:15.880 Weil Kardinal König hat nie das als Bedingung gestellt, dass sie um christlichen Glauben konvertieren müssen. 00:19:15.880 --> 00:19:26.500 Das war dann eine freie Entscheidung von der Familie und vielleicht weil sie dann auch gesehen haben, welche Auswirkung dann die christliche Nächstenliebe halt hatte. 00:19:26.500 --> 00:19:32.480 Bei meinen Eltern war das so, zum Beispiel, dass der Pfarrer dort uns sehr bedrängt hat. 00:19:32.480 --> 00:19:39.560 Das kann man dann schon sagen. Und der hat auch einfach [Anm.: darauf gedrängt|, dass wir Kinder getauft werden und meine Eltern getauft werden. 00:19:39.560 --> 00:19:42.800 Und meine Eltern sind bis heute nicht getauft. Und wir Kinder wurden halt getauft. 00:19:42.800 --> 00:19:51.840 Und es hat vielleicht manches leichter gemacht, weil ich jetzt halt einen getauften, einen österreichischen Namen auch habe. 00:19:51.840 --> 00:20:00.400 Aber im Nachhinein hat das halt dann schon so einen schalen Beigeschmack gehab, dass man halt nicht so akzeptiert wurde, wie man war. 00:20:00.400 --> 00:20:05.120 Dass es halt nicht ok ist, dass man jetzt diese Religion hat, oder das meine Eltern diese Region haben. 00:20:05.120 --> 00:20:11.000 Sondern dass es halt schon noch [...] das ist ein negativer Punkt den ich halt kritisiere. 00:20:11.000 --> 00:20:20.600 Wo man halt dann immer [über] Integration spricht, aber [...] wo halt diese Grauzone beginnt, wo man halt sich assimilieren muss um akzeptiert zu werden. 00:20:20.600 --> 00:20:29.720 Und das ist halt auch etwas, was dann im späteren Verlauf in meiner Pubertät, oder im Erwachsen werden dann, halt auch ein Punkt war. 00:20:29.720 --> 00:20:34.160 Dieses Gefühl, man muss sich für eine Seite entscheiden. 00:20:34.160 --> 00:20:37.640 Aber im Grunde genommen […] irgendwann kommt man halt drauf: man muss sich nicht entscheiden. 00:20:37.640 --> 00:20:42.160 Man ist halt die Summe der Einzelteile. Man ist halt ein Teil so und ein Teil so. 00:20:42.160 --> 00:20:48.400 Und das ist halt das, wo man, glaube ich, seine Lehren vielleicht draus ziehen kann für heute. 00:20:48.400 --> 00:20:50.640 Dass es halt irgendwo so einen Mittelweg halt gibt. 00:20:50.640 --> 00:20:59.160 Also dass halt, so wie meine Eltern auch sich angepasst haben an hier und Dinge schätzen können die hier, […] aber sie müssen sich nicht aufgeben. 00:20:59.160 --> 00:21:03.800 Und umgekehrt von der autochthonen Bevölkerung halt auch. 00:21:03.800 --> 00:21:10.280 Dass es halt nicht bedeutet: erst durch die Assimilierung wirst du akzeptiert. 00:21:10.280 --> 00:21:13.300 00:21:13.300 --> 00:21:21.880 I: Kannst du da vielleicht auch noch andere Beispiele erzählen, wo du das Gefühl hattest, du musstest dich assimilieren? 00:21:21.880 --> 00:21:30.000 I: Oder das war quasi die Anforderung, um überhaupt als integriert akzeptiert zu werden […]? 00:21:30.000 --> 00:21:34.280 Ad hoc fällt mir da jetzt kein Beispiel ein. 00:21:34.280 --> 00:21:51.760 Aber es ist […] es ist dieses Gefühl, dass man halt nicht durch seine Art, oder durch sein Verhalten halt, etwas halt provoziert. 00:21:51.760 --> 00:21:59.880 Oder so was. Dass man halt,indem man seine Sprache spricht - also meine Eltern haben uns halt mit Vietnamesisch auch aufgezogen, das heißt ... 00:21:59.880 --> 00:22:09.040 ... ich habe dann auch beide Sprachen gesprochen. Aber dieses Gefühl, dass man halt - weniger in Furth dann so, aber dann in der nächst größeren Stadt, oder auch in Wien und so - ... 00:22:09.040 --> 00:22:15.520 ... dass man halt immer so gesagt [Anm.: bekommt]: „Hier wird Daitsch g’red!“ Dass man dann halt manchmal auch drauf angesprochen wird oder sowas. 00:22:15.520 --> 00:22:24.000 Ja und dann immer dieses Gefühl, dass man […] irgendwie nicht ganz dazu gehören darf. 00:22:24.000 --> 00:22:30.440 Das ist dann egal, ob man jetzt so spricht wie alle anderen und den österreichischen Pass hat. 00:22:30.440 --> 00:22:35.720 Du wirst halt immer der Ausländer bleiben. Und das ist halt der Unterschied, zum Beispiel, zu Vietnam. 00:22:35.720 --> 00:22:41.640 Da ist dann halt etwas […] hier, hier spreche ich, oder hier denke ich, wahrscheinlich wie die meisten. 00:22:41.640 --> 00:22:43.440 Aber ich schaue halt nicht so aus. 00:22:43.440 --> 00:22:49.080 Und in Vietnam ist es halt eine andere Fremdheit. In Vietnam schaue ich [Anm.: zwar] so aus, aber ich spreche nicht so und ich denke nicht so. 00:22:49.080 --> 00:22:52.840 Und dann kann man sich halt aussuchen, was die größere Fremdheit ist. 00:22:52.840 --> 00:23:01.560 Aber […] da ist das, dann man nicht dann auch [...] also es wird sehr viel eingefordert. 00:23:01.560 --> 00:23:04.840 Dass man halt sagt man muss sich integrieren und das und das und sowas. 00:23:04.840 --> 00:23:11.960 Und selbst wenn man das alles dann macht, bleibt dann immer ein Makel. Der es dir nicht erlaubt jetzt, ein Österreicher zu sein. 00:23:11.960 --> 00:23:16.920 Aber vielleicht ist es auch eine Frage der Zeit. 00:23:16.920 --> 00:23:24.440 Weil Österreich noch nicht diese Geschichte der Einwanderung, oder diese Geschichte mit der Kolonialzeit hatte. 00:23:24.440 --> 00:23:30.680 Wo sie sich halt mit bestimmten Fragen nicht auseinandersetzen mussten, wie halt in Frankreich oder halt in Amerika. 00:23:30.680 --> 00:23:36.600 Wo es halt auch […] in Amerika ist noch eine andere Ausgangslage. Auch in Frankreich; einfach wo du jetzt sagen [kannst] ... 00:23:36.600 --> 00:23:42.320 ... [es wird] einfach akzeptiert: das ist jetzt ein schwarzer Franzose. Oder ein Franzose, der ursprünglich aus Pakistan kommt oder sowas. 00:23:42.320 --> 00:23:50.040 Das stellt man nicht in Frage. Und das wird auch komischerweise bei mir auf meinen Auslandsreisen nicht in Frage gestellt. 00:23:50.040 --> 00:23:56.000 Weil ich im Ausland […] bin ich der typische Österreicher. Ich rede so und tue so, wie die Österreicher und sowas. 00:23:56.000 --> 00:24:06.040 Und nur im Inland bin ich der Ausländer. Das ist das, was einem immer so [...] die Fremdheit kommt ja erst durch die Augen anderer. Nicht durch die eigenen. 00:24:06.040 --> 00:24:11.000 00:24:11.000 --> 00:24:17.130 I: Wie geht’s dir da in Vietnam? Also wie sieht deine Beziehung zu Vietnam aus? 00:24:17.130 --> 00:24:23.240 I: Auch vielleicht: hast du dort noch Familie? Oder stehst du in Kontakt mit Personen in Vietnam? 00:24:23.240 --> 00:24:27.880 Also eigentlich fast die ganze Verwandtschaft ist noch in Vietnam. 00:24:27.880 --> 00:24:35.600 Aber das halt für mich ein fremder Ort, eigentlich. Und das sind eigentlich fremde Menschen, die ich jetzt einmal in meinem Leben halt getroffen habe. 00:24:35.600 --> 00:24:43.000 Und die Erwartung damals als Jugendlicher, als ich das erste Mal nach Vietnam gekommen war, war eine sehr große. 00:24:43.000 --> 00:24:49.040 Es war halt quasi die Hoffnung, dort einen Platz zu finden, wo man sich zu Hause und akzeptiert fühlt. 00:24:49.040 --> 00:24:55.400 Aber man ist halt trotzdem [...] es gibt eine eigenes Wort im Vietnamesischen, für die Vietnamesen, die weggegangen sind. 00:24:55.400 --> 00:25:03.800 Und so fühlst du dich halt dort. Dass die quasi dir vorwerfen, so: „Du hast das Land verlassen!“. Oder meinen Eltern und so. 00:25:03.800 --> 00:25:09.100 Und: „Du hast es jetzt eh geschafft.“ Und so. Und das ist eine andere Fremdheit. 00:25:09.100 --> 00:25:18.440 Und ich möchte schon zum Beispiel mit meinen Kindern - die ziehe ich halt auch jetzt zweisprachig auf - dass sie halt das Land sehen und die Leute kennenlernen und so was. 00:25:18.440 --> 00:25:26.200 Aber sie sollen sich frei von diesem Ballast oder von diesen Erwartungen kennenlernen. 00:25:26.200 --> 00:25:29.200 00:25:29.200 --> 00:25:36.160 I: Unterscheiden sich dort deine Erfahrungen von deinen deiner Eltern in Bezug auf Vietnam? 00:25:36.160 --> 00:25:45.920 Ja, zwangsläufig. Weil meine Eltern sind ja dort aufgewachsen. Für sie ist ja noch viel stärker das vermeintlich Heimat. 00:25:45.920 --> 00:25:50.680 Und das war halt im Verlauf der Dreharbeiten, oder im Film jetzt auch, so eine Frage; ... 00:25:50.680 --> 00:25:58.080 ... ob mein Vater jetzt, zum Beispiel, nach der Pension zurückkehren würde. Und viele von dieser Generation haben gesagt: na dort ist ihre Heimat. 00:25:58.080 --> 00:26:03.720 Sie werden da zurückkehren und sowas. Und jetzt am Ende sind hakt viele hier geblieben, weil das jetzt hier hier ihre Heimat geworden ist. 00:26:03.720 --> 00:26:09.480 Ja und mein Vater dann auch gesagt hat: er ist jetzt in Österreich länger, als er jemals in Vietnam gelebt hat. 00:26:09.480 --> 00:26:19.100 Und hier sind seine Kinder, seine Enkelkinder, die ihm halt näher sind. Und halt auch wahrscheinlich die Gedankenwelt halt hier. 00:26:19.100 --> 00:26:25.720 Oder die Unterstützung die es halt hier gibt. Also das hat er schon sehr schätzen können. 00:26:25.720 --> 00:26:35.400 Und das ist halt das, was halt für meinen Vater vielleicht dann auch schwierig ist. Weil er hat ein bisschen seine alte Heimat verloren. 00:26:35.400 --> 00:26:40.440 Eine neue Heimat gefunden, aber ist auch nicht ganz angekommen. Also ist halt irgendwo dazwischen. 00:26:40.440 --> 00:26:48.500 Also im Grunde genommen glaube ich: Heimat macht ja sehr viel aus, finde ich. Welche Menschen dich umgeben. 00:26:48.500 --> 00:26:55.880 Und jetzt für meinen Vater, ist halt Österreich die Heimat geworden. Weil wir Kinder und seine Enkelkinder halt hier sind. Die, die ihm halt am nächsten sind. 00:26:55.880 --> 00:27:00.000 00:27:00.000 --> 00:27:05.000 I: Und wie ist das für deine Mutter? Also hat die auch ein ähnliches Verhältnis? 00:27:05.000 --> 00:27:08.160 Meine Mutter […] da ist es halt schwieriger, mit ihr drüber zu reden. 00:27:08.160 --> 00:27:14.120 Weil sie sich halt weniger, habe ich das Gefühl, öffnet. Oder auch sich nicht so sehr damit beschäftigen möchte. 00:27:14.120 --> 00:27:26.400 Und sie hat halt dadurch, dass sie länger zu Hause war und halt durch ihre Arbeit, weniger Zugang gefunden zur österreichischen Bevölkerung. 00:27:26.400 --> 00:27:31.200 Und es ist halt, zum Beispiel, ihr Deutsch viel schlechter, weil sie halt nie die Notwendigkeit hatte. 00:27:31.200 --> 00:27:39.700 Weil sie war halt länger mit uns Kindern zu Hause; dort wo sie arbeitet, gibt’s eine große vietnamesische Community. Und mit dem was sie kann, kommt sie halt durch. 00:27:39.700 --> 00:27:50.280 Sie wäre halt jetzt der klassische Fall, den man kritisieren würde, als jemand der so lange schon in Österreich lebt und noch so schlecht Deutsch kann. 00:27:50.280 --> 00:27:55.880 Und da ist es dann halt, glaube ich, wirklich so, dass dann […] da kommt nochmal dieses Geschlechterverhältnis dazu, ... 00:27:55.880 --> 00:28:02.320 ... dass halt damals - und auch heute noch - der Mann sich um vieles kümmert. Mein Vater musste sich erst mit vielem auseinandersetzen. 00:28:02.320 --> 00:28:09.680 Für meine Mutter. Und da kommt es halt dann dazu, dass halt meine Mutter dann [...] 00:28:09.680 --> 00:28:16.240 ... sie halt eher im Hier und Jetzt behaftet ist. Sie weniger zurückblickt. 00:28:16.240 --> 00:28:18.000 00:28:18.000 --> 00:28:23.840 I: Und wie warne dann eigentlich die ersten Reaktionen jetzt mal aus deiner Familie ... 00:28:23.840 --> 00:28:32.200 I: ... auf den Wunsch, dass du die Lebensgeschichte deines Vaters auch in einen Film verpackst? 00:28:32.200 --> 00:28:37.800 I: Also haben sie sich darüber gefreut? Oder waren sie skeptisch? 00:28:37.800 --> 00:28:44.120 Sie waren schon skeptisch. Also mein Vater hat sich, glaube ich, dann schon gefreut, dass wir darüber reden und so. 00:28:44.120 --> 00:28:48.760 Aber grade meine Mutter hat gesagt: „Warum filmst du mich jetzt beim kochen, warum ist das interessant?“ 00:28:48.760 --> 00:28:52.800 Und da war halt dann schon Überzeugungsarbeit notwendig. 00:28:54.800 --> 00:29:00.560 Um ihnen zeigen zu können, was das jetzt bedeutet wenn ich das filme und das zeige, oder sowas. 00:29:00.560 --> 00:29:06.600 Und es war vielleicht ein bisschen einfacher dadurch, dass ich einen anderen Film halt vorher schon gemacht habe. Einen anderen langen Film. 00:29:06.600 --> 00:29:12.760 Wo sie ein Ergebnis gehen haben; dass da jetzt kein kompletter Schwachsinn halt jetzt rauskommt. Oder sowas. 00:29:12.760 --> 00:29:20.360 Bei meinem Vater, der war dann schneller überzeugt. Und er hat auch so eine Natürlichkeit vor der Kamera, die es halt mir sehr erleichtert hat. 00:29:20.360 --> 00:29:30.280 Bei meiner Mutter war es halt schwieriger. Da sie ja die ist, die nur in der zweiten Reihe gestanden ist und so: warum will ich mit ihr ein Interview drehen? Und so. 00:29:30.280 --> 00:29:37.880 „Das ist jetzt nicht interessant.“ Und das ist dann oft dann halt, wenn man Menschen, die jetzt nicht sonst in der Öffentlichkeit oder im Rampenlicht stehen, ... 00:29:37.880 --> 00:29:42.480 ... quasi vor die Kamera bringen möchte. Da ist halt immer die erste [Anm.: Reaktion]: „Warum ich? Warum ist das interessant?“ 00:29:42.480 --> 00:29:52.080 Und das war halt dann die Herausforderung, ihnen zu zeigen, oder ihnen nahe zu bringen, was ich halt sehe. 00:29:52.080 --> 00:29:54.500 00:29:54.500 --> 00:30:06.720 I: Glaubst du, dass das möglicherweise auch so eine angelernte Reaktion ist, wenn man eben auch oft Ablehnung der eigenen Geschichte erfährt? 00:30:06.720 --> 00:30:20.040 Das kann man, glaube ich, schwierig pauschal sagen. Bei meiner Mutter war es halt einfach dieses [...] das was sie, glaube ich, ins sich hat, aber auch viele Vietnamesen. 00:30:20.040 --> 00:30:25.700 Nicht auffallen. Also macht, man arbeitet, man ist fleißig und so. Aber man will halt nicht auffallen und so. 00:30:25.700 --> 00:30:36.100 Man weiss nicht, was das bewirkt. Weil sie haben damit ja auch nicht die ausgetretenen Pfade der anderen Vietnamesen betreten, sondern sie haben jetzt neue Pfade betreten. 00:30:36.100 --> 00:30:45.240 Und sie [...]oder das war halt immer ihre Sorge: in dem was ich halt mache, haben sie keinen Vergleich gehabt. Das hat nicht jemand schon anderer gemacht und war damit erfolgreich. 00:30:45.240 --> 00:30:52.480 Und das ist dieses Wagnis. Und es ist halt paradox, weil ja meine Eltern ja selber was gewagt haben und selber gegangen sind. 00:30:52.480 --> 00:30:59.280 Aber vielleicht war diese Energie, oder diese Risikobereitschaft, damit schon aufgebraucht. 00:30:59.280 --> 00:31:02.600 Und jetzt haben wir was [...] einen sicheren Hafen gefunden, den wollen wir behalten. 00:31:02.600 --> 00:31:06.680 Und jetzt quasi setze die Kinder, oder ich, das jetzt nochmal aufs Spiel. 00:31:06.680 --> 00:31:17.000 Mit einer Ausbildung oder mit einem Berufsweg, der jetzt mit Risiko [verbunden ist] oder vielleicht mit geringen Erfolgschancen halt. 00:31:17.000 --> 00:31:21.800 00:31:21.800 --> 00:31:25.800 I: Und wie waren denn generell eigentlich die Reaktionen auf deine Filme? 00:31:25.800 --> 00:31:31.080 Jetzt in der Familie, oder generell? 00:31:31.080 --> 00:31:33.040 I: Beides? 00:31:33.040 --> 00:31:38.640 Hm, ich glaube da muss man halt noch größer ausholen. Weil […] 00:31:38.640 --> 00:31:42.800 Ich bin halt dann auch der Volksschule ins Gymnasium gegangen. 00:31:42.800 --> 00:31:52.880 Und habe dann irgendwann so mit 16/17 beschlossen, dass ich halt dann nach der Matura Malerei studieren möchte. Auf der „Angewandten“ [Anm.: Universität für angewandte Kunst] in Wien. 00:31:52.880 --> 00:31:55.760 Und das war für meinen Vater natürlich eine Katastrophe. 00:31:55.760 --> 00:32:04.520 Weil so quasi jetzt Gymnasium mit Matura und sowas [...] dann studiert man halt Wirtschaft und sonstige Dinge, die halt einen lukrativen Job halt auch bringen. 00:32:04.520 --> 00:32:09.640 Und er hat mich damals halt überhaupt nicht unterstützt und hat halt davon abgeraten. 00:32:09.640 --> 00:32:13.760 Und ich war halt dann sehr stur und habe das halt dann trotzdem gemacht, auf eigene Faust. 00:32:13.760 --> 00:32:19.960 Und auf das Filmen bin ich halt auch durch Zufall gekommen. 00:32:19.960 --> 00:32:29.000 Das war dann halt auch damals, dass ich einen Kurzfilm gemacht habe, in dem Irrglauben, dass ich es besser kann als andere. 00:32:29.000 --> 00:32:32.000 Und damit dann einen Preis halt gewonnen habe. 00:32:32.000 --> 00:32:35.400 Und dann hat irgendjemand gefragt: „Und was planst du als nächstes?“ 00:32:35.400 --> 00:32:38.850 Und ich habe eigentlich da noch keine Ahnung gehabt und habe gesagt: „Keine Ahnung. Dann überlege ich mir das mal.“ 00:32:38.850 --> 00:32:43.360 Und das ist dann [...] irgendwie, diese Zufälle haben sich halt fortgeführt, eins hat zu dem anderen halt geführt. 00:32:43.360 --> 00:32:48.440 Und für sie ist es halt [...] jetzt für meinen Vater, glaube ich, leichter zu akzeptieren; ... 00:32:48.440 --> 00:32:52.960 ... dass ich das jetzt machen kann, regelmäßiger machen kann. Dass es einen Output hat. 00:32:52.960 --> 00:32:56.080 Dass es eben auch ein positives Feedback gibt. 00:32:56.080 --> 00:32:59.760 Dass sich Leute das auch anschauen. Dass war ja in ihrer Vorstellung: „Wer soll sich das anschauen?“ 00:32:59.760 --> 00:33:03.360 Dass Leute dafür ins Kino gehen und dann ein Ticket kaufen. 00:33:03.360 --> 00:33:08.040 Mein Vater, glaube ich, hat es jetzt akzeptiert, dass das jetzt mein Weg ist. 00:33:08.040 --> 00:33:10.120 Dass es das ist, was ich halt machen möchte. 00:33:10.120 --> 00:33:14.720 Und meine Mutter fragt halt dann schon noch manchmal so, ob es nicht doch was sicheres gibt? 00:33:14.720 --> 00:33:23.640 Irgendwo eine Anstellung, oder so, oder irgendwas [...] [um] immer noch diese Opfer, die sie gebracht haben, noch zu ehren halt. Oder es fortzuführen. 00:33:23.640 --> 00:33:28.880 Ja, aber […] ich glaube, das wird sich halt nicht mehr ändern. 00:33:28.880 --> 00:33:31.300 00:33:31.300 --> 00:33:37.920 I: Und die Reaktionen in österreichischen Kinosälen auf deine Filme? 00:33:37.920 --> 00:33:42.440 Also die Kritiken waren meistens sehr positiv. Ja, also die Kritiken waren sehr positiv. 00:33:42.440 --> 00:33:58.000 Und […] es war halt, glaube ich auch, für mich dann halt wichtig, eine Nische zu finden in der österreichischen Filmbranche, die für mich halt passt. 00:33:58.000 --> 00:34:03.520 Also, dass quasi was ich halt gerne mache, auch einen Anklang findet. Also das ist halt schwierig. 00:34:03.520 --> 00:34:10.740 Ich glaube, es [...] alle Filmemacher, oder auch Künstler allgemein, die dann sagen: „Ja, das mache ich jetzt nur für mich“ [...] und das stimmt ja bis zu einem gewissen Grad. 00:34:10.740 --> 00:34:18.240 Du fängst halt so an; du versuchst nach deinem Gutdünken und nach deinem Urteil zu handeln am Anfang. 00:34:18.240 --> 00:34:21.480 Dass das was du machst, deinen Überlegungen entspricht. 00:34:21.480 --> 00:34:26.040 Aber irgendwann möchtest du, dass halt das gesehen [und] gehört wird. Oder gespielt wird. 00:34:26.040 --> 00:34:33.840 Dass du einen Anklang, oder ein Publikum, halt auch findest. Ob es ein großes oder ein kleines halt ist. 00:34:33.840 --> 00:34:40.480 Aber ich habe halt das Glück gehabt, dass jetzt die meisten Kritiken und so, und die Feedbacks, eigentlich sehr positiv waren. 00:34:40.480 --> 00:34:51.280 I: Du hast dich ja auch in einem frühen Film von dir mit Alltagsrassismus auseinandergesetzt. 00:34:51.280 --> 00:35:02.400 I: Und jetzt wollte ich fragen, ob das eigentlich auch [...] oder welche Rolle Rassismus auch in deinem Arbeitsalltag spielt. 00:35:02.400 --> 00:35:08.320 I: Oder ob er deiner Meinung nach überhaupt präsent ist und wenn ja, wie. 00:35:08.320 --> 00:35:16.880 In meinem Arbeitsalltag eigentlich nicht. Weil ich da dann meistens mit einer anderen Rolle auftrete. 00:35:16.880 --> 00:35:21.960 Es ist immer dann dort […] dann gibt es diese negativen Begegnungen, wo man sich nicht kennt. 00:35:21.960 --> 00:35:24.920 Wo halt die Projektion über das Wissen halt siegt. 00:35:24.920 --> 00:35:32.960 Dass dann, wenn du auf ein Amt gehst, oder wohin gehst [...] und du wirst anhand deines Aussehens halt eingeschätzt. 00:35:32.960 --> 00:35:40.120 Und du dann plötzlich in einem gebrochenen Deutsch halt angesprochen wirst. Oder dann halt: „Hier, hier unterschreiben das Formular!“ 00:35:40.120 --> 00:35:44.600 Und man dann plötzlich sagt: „Ja passt schon, Sie können auch normal mit mir reden“. 00:35:44.600 --> 00:35:51.600 Und das sind die Momente, wo man halt negative Erlebnisse erfährt. 00:35:51.600 --> 00:35:54.920 Also weniger im Arbeitsalltag. Da eigentlich überhaupt nicht, nein. 00:35:54.920 --> 00:36:01.120 Und es ist halt auch so witzig, dass man halt dann, grade in Österreich - das Land der Titel - dann nachdem beurteilt wird. 00:36:01.120 --> 00:36:08.640 Quasi wenn man dann seinen Titel nicht anführt, anders behandelt wird, als wenn dann halt da plötzlich da steht: der Magister Nguyen ist da. 00:36:08.640 --> 00:36:15.600 Das kann es ja auch nicht sein, dass man [...] weil das ist ja eigentlich auch nur eine Oberflächlichkeit, nach der man halt beurteilt wird. 00:36:15.600 --> 00:36:21.520 Ob es jetzt in die positive oder negative Richtung geht - es gibt ja halt auch positiven und negativen Rassismus. 00:36:21.520 --> 00:36:33.560 Es ist halt jeweils in die [...] dass man anhand einer Projektion, die man halt anhand seiner Erfahrungen nährt, urteilt oder handelt. 00:36:33.560 --> 00:36:38.840 Das ist halt das, was negative Erlebnisse auslösen kann. 00:36:38.840 --> 00:36:44.740 00:36:44.740 --> 00:36:53.880 I: Du hast ja vorher ganz spannend gesagt, dass du ein bisschen daran zweifelst, ob man tatsächlich aus der Geschichte lernen kann. 00:36:53.880 --> 00:37:03.480 I: Jetzt wollte ich dich fragen, was eigentlich das wäre, was du gerne hättest, das aus deinen Filmen gelernt wird. 00:37:03.480 --> 00:37:06.900 00:37:06.900 --> 00:37:13.200 Dass es andere Wege gibt. Sowohl halt für die, die hier neu ankommen. 00:37:13.200 --> 00:37:16.000 Aber auch die, die hier vielleicht schon ein bisschen länger leben. 00:37:16.000 --> 00:37:19.240 Dass es nicht diesen einen Weg halt gibt. 00:37:19.240 --> 00:37:25.720 Dass man sich die Mühe macht, seine Erfahrungen jedes Mal aufs Neue zu überprüfen. 00:37:25.720 --> 00:37:36.160 Oder das Wissen was man hat. Wenn man jetzt neun Mal in einen sauren Apfel beisst, bedeutet das nicht, dass der zehnte auch sauer sein muss. 00:37:36.160 --> 00:37:44.000 Und das ist halt eine [...] das ist ein Anspruch! Den man halt zumindest an sich selbst erheben kann. 00:37:44.000 --> 00:37:54.100 Weil es ist dann eh schwierig im Alltag - weil halt jetzt unsere Psyche uns dazu drängt, bereits Gewusstes oder bereits Erfahrenes abzulegen ... 00:37:54.100 --> 00:37:58.520 ... um nach dem beurteilen [zu] können - weil es uns leichter halt fällt, als jedes Mal sich neu einzustellen. 00:37:58.520 --> 00:38:03.720 Aber ich finde den Anspruch sollte man schon an sich halt haben. 00:38:03.720 --> 00:38:07.900 00:38:07.900 --> 00:38:15.080 I: Und vielleicht auch nochmal zurück zu Furth, dem Ort an dem du aufgewachsen bist. 00:38:15.080 --> 00:38:23.440 I: Du lebst ja jetzt in Wien. Wie schaut deine Beziehung zu diesem Ort, wo du aufgewachsen bist, aus? 00:38:23.440 --> 00:38:33.600 Das war halt jetzt grade sehr emotional, weil jetzt mein Vater nach 37 Jahren seinen Wohn - und Arbeitsplatz dort in Furth verlassen muss. 00:38:33.600 --> 00:38:38.120 Weil dieser Gutshof halt dort, der Veterinäruni, halt schließt. 00:38:38.120 --> 00:38:42.680 Und mein Vater halt jetzt nach Wien ziehen muss. 00:38:42.680 --> 00:38:50.100 Und für uns […] also ich habe das Gefühl [...] es ist ja immer sehr […] das ist für meinen Vater sehr schade, für meine [Anm.: seine] Enkelkinder. 00:38:50.100 --> 00:38:58.200 Weil das einfach ein ländlicher Ort [ist], wo man einfach andere Dinge erlebt als in der Stadt, oder so. 00:38:58.200 --> 00:39:04.480 Mein Vater hatte dort mit Tieren zu tun und […] einfach wie ein Bauer hat er dort halt gewirtschaftet. 00:39:04.480 --> 00:39:14.560 Und es war dann schon sehr emotional für mich halt auch, weil ich jetzt diesen Ort dann verlasse, an dem ich halt aufgewachsen bin. 00:39:14.560 --> 00:39:24.300 Es sind halt meine Kindheitserinnerungen. Natürlich könnten wir nochmal zurück und uns besuchen, aber es ist halt nicht mehr [...] es fehlt einem ein Grund oder eine Berechtigung dort. 00:39:24.300 --> 00:39:30.480 Wenn jetzt die Eltern nicht mehr dort leben, oder mein Vater nicht mehr dort lebt und dort arbeitet […] Und das war dann schon sehr emotional. 00:39:30.480 --> 00:39:35.720 Weil es jetzt noch einmal bedeutet, grade für meinen Vater, dass er jetzt wieder von Neuem halt beginnt. 00:39:35.720 --> 00:39:42.120 Wir haben halt gewusst, dass wenn er irgendwann in Pension geht, dass er den Ort auch verlassen muss. 00:39:42.120 --> 00:39:46.800 Aber es ist schon was anderes, wenn du halt gegangen wirst. 00:39:46.800 --> 00:39:51.160 Oder wenn diese Entscheidung für dich getroffen wird, also wenn du sagst: „Jetzt gehe ich in Pension, jetzt gehe ich.“ 00:39:51.160 --> 00:39:54.640 Und nicht: „Jetzt wird es halt geschlossen, ich gehe jetzt vor meiner Zeit“. 00:39:54.640 --> 00:39:58.640 00:39:58.640 --> 00:40:03.800 I: Also würdest du sagen, das ist wieder irgendwo so eine forcierte Entscheidung? 00:40:03.800 --> 00:40:09.360 Es ist eine forcierte Entscheidung! Wir haben natürlich auch gewusst, dass die kommt und sowas. 00:40:09.360 --> 00:40:19.800 Wir haben gewusst, dass er nicht ewig dort bleiben kann. Aber es liegt halt schon irgendwie […] viel Wehmut halt [...] liegt halt in dieser ganzen Geschichte. 00:40:19.800 --> 00:40:26.000 Auch wenn er jetzt den letzten Arbeitsschritt [...] dass er jetzt den letzten Arbeitstag dort hatte und das Haus wird geräumt. 00:40:26.000 --> 00:40:35.320 Und du siehst dann diese Dinge […] Wenn deine alten Ratschen da an der Wand noch hängen und du weisst halt, welche Erinnerungen du daran noch hast, oder sowas. 00:40:35.320 --> 00:40:42.480 Und da merkt man halt so sehr [...] da habe ich erst das erste Mal richtig für mich nachvollziehen können, ... 00:40:42.480 --> 00:40:46.960 ... wie so ein Ort so emotional aufgeladen werden kann. 00:40:46.960 --> 00:40:52.360 Das, was das wirklich dann bedeutet, dieses Flüchtlingslager für meinen Vater. 00:40:52.360 --> 00:41:00.960 Das war diese Wehmut. Die habe ich jetzt, glaube ich, so zum ersten Mal richtig gespürt halt, wo jetzt dieser letzte Tag war - in Furth. 00:41:00.960 --> 00:41:05.300 00:41:05.300 --> 00:41:15.120 I: Eine andere Frage noch: in deinem Film scheint es auch so, als wäre dein Vater ein großer Freund der Pflanzenwelt. 00:41:15.120 --> 00:41:20.400 I: Was hat der eigentlich davor gemacht? Also hat der auch schon in… 00:41:20.400 --> 00:41:26.560 Der hat da beides dann halt gemacht. In Vietnam war er halt auch Fischer; hat auch am Land auch immer gearbeitet und so. 00:41:26.560 --> 00:41:35.680 Aber […] das meiste, hat erzählt, hat er sich erst hier angeeignet. Einfach durch Trial and Error Versuche. 00:41:35.680 --> 00:41:45.400 Weil einfach […] ich glaube, dieses Bedürfnis war halt zuerst, so die ganzen asiatischen Kräuter, die sie gewohnt sind, die man dort nicht bekommt, jetzt anzupflanzen. 00:41:45.400 --> 00:41:50.080 Und das war jetzt halt nicht so verbreitet. Heute in Wien, in jedem Asias-Shop, kriegst du alle Sachen. 00:41:50.080 --> 00:41:55.500 Koriander oder solche Dinge. Und er hat dann gesagt; „Die ersten paar Jahre ist nichts gewachsen“. 00:41:55.500 --> 00:42:03.720 Weil das einfach [...] Furth, oder Rehgras, wo ein Vater halt lebt, das liegt halt dort auf 600m und so. Und das ist halt einfach ein raueres Klima dort. 00:42:03.720 --> 00:42:10.800 Und der hat es halt irgendwie geschafft, dann nach den ersten Jahren des Misserfolgs, dann doch etwas dort anzupflanzen. 00:42:10.800 --> 00:42:18.600 Und doch sich da [...] das ist halt quasi [...] im Film steht das ja quasi auch symbolisch dafür, dass er selber dort Wurzeln gefunden hat. 00:42:18.600 --> 00:42:24.440 Und dieses geschafft hat, das, was nicht dort wachsen soll […] dass es dort wächst. 00:42:24.440 --> 00:42:33.000 Dass halt irgendwie aus der hiesigen Erde Pflanzen, die von woanders herkommen, halt trotzdem gedeihen können. 00:42:33.000 --> 00:42:38.960 Und ich habe das immer halt als sehr schöne Metapher, als Symbol gefunden für ihn; aber auch für uns halt. 00:42:38.960 --> 00:42:41.000 00:42:41.000 --> 00:42:48.560 I: Du hast ja grade auch die spannende Formulierung verwendet: „Das, was nicht hier wachsen soll.“ 00:42:48.560 --> 00:42:59.680 I: Hast du dann auch das Gefühl, dass das tatsächlich so ein Kampf um das Bleiberecht ist, oder war? 00:42:59.680 --> 00:43:08.480 Bei meinen Eltern war es halt weniger das äußere Bleiberecht, das ihnen abgesprochen wurde, sondern ihr inneres. 00:43:08.480 --> 00:43:15.000 Ihr inneres, selber hier es sich so einzurichten, sich einen Platz zu finden, dass man halt hier leben kann. 00:43:15.000 --> 00:43:20.360 Dass man hier das Gefühl hat: hier fühle ich mich wohl. Das ist halt eher das. 00:43:20.360 --> 00:43:25.360 Das war in Furth eigentlich nie der Fall, dass das von außen gekommen ist. 00:43:25.360 --> 00:43:32.400 Weil einfach die Leute ihn gekannt haben. Und die Leute mit ihm halt so umgegangen sind, wie mit jedem anderen aus dem Dorf. 00:43:32.400 --> 00:43:39.720 Weil sie es auch nicht anders gekannt haben. Sie wussten ja nicht, damals noch […] sie hatten noch diese Erfahrung, dass man dann so sprechen muss oder so etwas machen muss. 00:43:39.720 --> 00:43:42.960 Oder so was. Und das ist halt der Vorteil gewesen. 00:43:42.960 --> 00:43:49.280 Und das ist halt wahrscheinlich auch diese Gratwanderung, die man heute finden muss, diese Balance, die man halt finden muss. 00:43:49.280 --> 00:43:55.080 Es wäre sicher etwas anderes, wenn jetzt plötzlich dann drei, vier, fünf vietnamesische Familien auf einmal dort gewesen wären. 00:43:55.080 --> 00:44:02.320 Dann hätten meine Eltern natürlich sicher mehr Kontakt mit ihnen gesucht. Und hätten vielleicht mit de Bevölkerung dort nicht den Kontakt gefunden. 00:44:02.320 --> 00:44:04.560 Ja und das ist halt diese Balance. 00:44:04.560 --> 00:44:15.280 Was mich halt heute so aufregt wenn heutzutage halt dann Kinder österreichischer Familien ... 00:44:15.280 --> 00:44:20.100 ... dann extra irgendwo in einen anderen Kindergarten oder eine Schule gebracht werden, oder irgendwo anders dann, ... 00:44:20.100 --> 00:44:23.960 ... „fake“ angemeldet werden, nur um den Ausländerkindern halt zu entkommen. 00:44:23.960 --> 00:44:26.120 Weil dort wird ja nicht Deutsch gelernt und sowas. 00:44:26.120 --> 00:44:29.320 Das sind halt dann zwei Dinge. Da stimmt halt die Balance nicht mehr. 00:44:29.320 --> 00:44:34.600 Die Ausländerkinder bleiben unter sich und lernen nicht Deutsch; was der Kritikpunkt ist. 00:44:34.600 --> 00:44:42.320 Und die anderen halt bleiben auch unter sich. Und ich sehe das halt dann so von zwei Seiten. 00:44:42.320 --> 00:44:45.880 Ich war das Ausländerkind. Ich war das Ausländerkind dort. 00:44:45.880 --> 00:44:49.240 Und wenn die anderen nicht mit mir gesprochen hätten, dann hätte ich nicht Deutsch gelernt. 00:44:49.240 --> 00:44:52.760 Ich habe erst mit drei Jahren Deutsch gelernt. Ich habe vorher nur Vietnamesisch können. 00:44:52.760 --> 00:44:55.680 Und jetzt ist es so, dass ich halt Deutsch besser kann als Vietnamesisch. 00:44:55.680 --> 00:45:00.160 Aber da hat die Balance noch gestimmt. Da habe ich von anderen noch lernen können. 00:45:00.160 --> 00:45:03.840 Aber man kann nicht dann quasi sagen: Ja, das ist ein Problem. 00:45:03.840 --> 00:45:07.160 Aber es soll nicht mein Problem sein. Soll sich wer anderer drum kümmern. 00:45:07.160 --> 00:45:11.080 Also da fehlt mir dann schon irgendwo die Solidarität halt. 00:45:11.080 --> 00:45:14.400 00:45:14.400 --> 00:45:23.920 I: Du hast ja jetzt eigentlich auch oft diese Unterschiede zwischen Stadt und Land beschrieben. 00:45:23.920 --> 00:45:34.950 I: Ich wollte dich fragen, ob du da nochmal irgendwo auch auf die ersten Erfahrungen, auch während er Schulzeit, in der Stadt eingehen könntest. 00:45:34.950 --> 00:45:39.240 Und beschreiben könntest, was dafür sich bedeutet hat. 00:45:39.240 --> 00:45:44.360 Na ich kann ganz konkret eine Geschichte erzählen, ... 00:45:44.360 --> 00:45:52.320 ... wie ich halt dann als Zehn-/Elfjähriger dann dort bei diesem [...] beim Hofer gestanden bin an der Kassa. 00:45:52.320 --> 00:45:57.400 Und so ein alter Mann zu mir gesagt hat: „Herst Tschuschen, du stinkst nach Scheiße, stell di hinten an!“ 00:45:57.400 --> 00:46:02.360 Und ich habe nicht damit umgehen können. Ich habe mich dann brav hinten angestellt. 00:46:02.360 --> 00:46:07.840 Ich habe nicht drauf reagieren können, weil ich das nicht gewohnt war. Ich habe das nicht gekannt. 00:46:07.840 --> 00:46:16.000 Und das [...] mit dieser Erfahrung als Zehn-/Elfjähriger halt umzugehen […] und ich habe das zu Hause auch nie erzählt, ... 00:46:16.000 --> 00:46:19.600 ... so als hätte ich [...] ich habe richtig so das Gefühl gehabt: ich habe was falschgemacht. 00:46:19.600 --> 00:46:23.440 Ich habe mir halt dann gedacht ich stinke wirklich; und sowas. 00:46:23.440 --> 00:46:37.680 Und das ist das dann, wo es halt immer drum geht, [...] glaube ich wirklich, wie gesagt, [...] das ist dieses Wissen, dass man nicht hat - ersetzt worden durch Glauben. 00:46:37.680 --> 00:46:47.880 Und wenn man es schafft, da diesen Anspruch zu haben […] weil diesen Anspruch, den kann man eh nicht immer erfüllen! 00:46:47.880 --> 00:46:54.200 Ich habe das ja auch, dass ich dann Dinge, die ich schon weiß, als eine Voraussetzung sehe für andere Dinge. 00:46:54.200 --> 00:46:56.000 Aber das heißt ja nicht, dass es dann wirklich dann so ist. 00:46:56.000 --> 00:47:07.200 Und wenn man die Chance dann hat, sich kennenzulernen […] Vielleicht kann man eben in der Stadt dann halt auch so lösen, ... 00:47:07.200 --> 00:47:13.960 ... dass man halt in einem kleineren Umfeld ein dörfliches Umfeld schafft. In der Stadt. 00:47:13.960 --> 00:47:18.300 Wo sich Leute treffen. Wo man halt dann beginnt, dann miteinander sich auszutauschen. 00:47:18.300 --> 00:47:24.440 Wo sich halt auch die Vorurteile und Meinungen der Flüchtlinge vielleicht ändern. 00:47:24.440 --> 00:47:29.640 Oder der Eingewanderten. Dass sich das [...] man auf einen gemeinsamen Nenner halt findet. 00:47:29.640 --> 00:47:34.480 Weil das ist ja auch das, was die [...] was ich einfach zeigen wollte mit meinem Film ist, 00:47:34.480 --> 00:47:42.040 ... dass es dieses Vorurteil vieler Flüchtlinge, dass am Land nichts ist, dass sie da keine Zukunftschancen haben [...] 00:47:42.040 --> 00:47:44.760 ... [dass] das ja auch nur bis zu einem gewissen Grad halt stimmt. 00:47:44.760 --> 00:47:46.880 Es kommt immer drauf an, was man draus macht. 00:47:46.880 --> 00:47:56.200 Und das ist ja das, dass man quasi die Möglichkeit hier hat; die man halt auch einfordern kann, aber dafür auch etwas machen muss. 00:47:56.200 --> 00:48:02.120 Dass man seines eigenen Glückes Schmied halt ist. Dass man viel in der Hand hier hat. 00:48:02.120 --> 00:48:06.000 00:48:06.000 --> 00:48:15.120 I: Und […] diesen Ort des Austausches, wie und wo hast du den in Wien dann gefunden? 00:48:15.120 --> 00:48:26.240 Für mich war es halt leichter, weil ich natürlich ja durch das Studium auf junge, gleichgesinnte Menschen getroffen bin. 00:48:26.240 --> 00:48:38.240 Weil einfach [...] die halt einfach durch das Studenten-Sein einfach die Erwartung schon hatten, viele Leute kennenzulernen und mit verschiedenen Backgrounds. 00:48:38.240 --> 00:48:42.080 Einerseits kommen sie aus anderen Ländern, aber auch aus anderen sozialen Schichten und sowas. 00:48:42.080 --> 00:48:47.280 Da war es jetzt einfach schneller gefunden, da man sich halt austauscht. 00:48:47.280 --> 00:48:57.000 Da war es halt nicht ein [...] dass die Herkunft [...] meistens nicht das Thema. ich habe mich dann manchmal drüber lustig gemacht, ... 00:48:57.000 --> 00:49:00.840 ... weil die Leute halt dann gefragt haben: „Woher kommst denn?“ 00:49:00.840 --> 00:49:04.500 Bevor überhaupt eine andere Frage gekommen ist. 00:49:04.500 --> 00:49:07.960 Und ich habe halt dann gesagt: „Aus Furth“. Und der: „Nein, woher…?“ „Niederösterreich“. 00:49:07.960 --> 00:49:14.600 Und ich habe schon gewusst, was sie meinen. Aber das war halt dann auch dieses […] ein bisschen ein positiver Rassismus, ... 00:49:14.600 --> 00:49:23.040 ... dass man halt dann immer […] Ich habe dann lange Diskussionen mit Leuten gehabt, warum ich das negativ empfinde, wenn jemand mich fragt, woher ich komme. 00:49:23.040 --> 00:49:31.240 Dass das ja nur Interesse ist und sowas. Und das haben dann Leute erst verstanden, die zum Beispiel erst im Ausland gelebt haben. 00:49:31.240 --> 00:49:36.080 Wenn du als Österreicher irgendwo in Deutschland lebst und [gefragt wirst]: “Woher kommst du? Du sprichst ein komisches Deutsch“. 00:49:36.080 --> 00:49:40.680 Und sowas. Weil man einfach beginnt, von außen anders gesehen zu werden als man selber ist. 00:49:40.680 --> 00:49:45.640 Das ist das Unangenehme. Dass man nicht […] 00:49:45.640 --> 00:49:56.000 Ich glaube jeder hat dieses Bedürfnis, als das gesehen zu werden als das, was er ist. Und nicht eine Projektion eines anderen.