WEBVTT - https://subtitletools.com 00:00:19.750 --> 00:00:21.640 Ja also die politische Mitbestimmung 00:00:21.640 --> 00:00:24.080 war in der österreichischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie 00:00:24.110 --> 00:00:26.510 ab den 1860er Jahren möglich. 00:00:26.760 --> 00:00:29.720 und zwar mit der Verfassungsgebung die hier begann. 00:00:30.190 --> 00:00:34.640 Man konnte dann Körperschaften der Selbstverwaltung wählen, 00:00:34.640 --> 00:00:36.670 zuerst einmal auf der Gemeindeebene. 00:00:36.890 --> 00:00:40.880 Und zwar war hier eben ein bestimmter Steuersatz Voraussetzung, 00:00:40.880 --> 00:00:43.440 den man eben auf Hausbesitz oder Grundbesitz, 00:00:43.960 --> 00:00:48.700 auf Einnahmen aus einem Gewerbe oder Erwerbstätigkeit bezahlt hat. 00:00:49.310 --> 00:00:51.520 Und das nennt man eben Zensuswahlrecht, 00:00:51.520 --> 00:00:56.160 diese spezifische Art des Wahlrechts, das eben auf Steuern basiert. 00:00:56.910 --> 00:00:59.700 Und außerdem sah dieses Zensuswahlrecht auch noch 00:00:59.700 --> 00:01:04.760 die Zuordnung der Wähler in bestimmte Wählerklassen vor. 00:01:05.020 --> 00:01:09.020 Und dadurch waren die höher Besteuerten im Vorteil, 00:01:09.020 --> 00:01:14.180 weil eben wenige Wähler eine Anzahl von Abgeordneten wählen durften, 00:01:14.180 --> 00:01:18.020 gegenüber der nächsten Wählerklasse, wo es eben mehr Wähler gab. 00:01:18.020 --> 00:01:20.560 Also es war eine ungleiche Vertretung. 00:01:20.680 --> 00:01:24.560 Außerdem konnte auch das Wahlrecht geknüpft sein an höhere Bildung. 00:01:24.600 --> 00:01:32.520 Es durften Notare, Pfarrer, Akademiker, Lehrer wählen ohne irgendeine Steuergrundlage. 00:01:32.880 --> 00:01:34.860 Also das war mal das Gemeindewahlrecht. 00:01:34.980 --> 00:01:39.040 Dann die nächste Ebene sind die Landesparlamente, Landtagswahlrecht. 00:01:39.320 --> 00:01:42.840 Das basierte zum Teil auf dem Gemeindewahlrecht, 00:01:42.840 --> 00:01:45.940 aber hier war die ungleiche Vertretung noch dadurch verstärkt, 00:01:46.440 --> 00:01:49.460 dass eben Kurien eingeführt wurden. 00:01:49.460 --> 00:01:54.820 Und zwar auch eine ungleiche Vertretung in den Kurien der Großgrundbesitzer, 00:01:54.960 --> 00:02:00.000 der Handels- und Gewerbekammern, der Städte und Märkte und der Landgemeinden. 00:02:00.000 --> 00:02:05.680 Und später kam noch eine allgemeine Kurie mit allgemeinem Wahlrecht hier hinzu, 00:02:05.940 --> 00:02:10.520 wo dann die Mitglieder der ersten vier Kurien noch eine Zweitstimme hatte. 00:02:10.520 --> 00:02:15.320 Und gerade die Kurie der Landgemeinden und die allgemeine Kurie 00:02:15.520 --> 00:02:21.600 die durften eben im Verhältnis zu den Großgrundbesitzern viel weniger Abgeordnete wählen 00:02:21.600 --> 00:02:26.740 im Verhältnis der Zahl der Wählenden als ja eben die Großgrundbesitzer. 00:02:27.380 --> 00:02:31.320 Also ein stark ungleiches Wahlrecht. 00:02:31.620 --> 00:02:40.360 Außerdem gab es noch ein Zensus, der höher lag als bei den Gemeindewählenden. 00:02:40.860 --> 00:02:44.960 Und schließlich haben wir das Wahlrecht für das Abgeordnetenhaus, des Reichrates. 00:02:45.000 --> 00:02:49.080 Da ist die dierekte Wahl 1873 möglich geworden. 00:02:49.080 --> 00:02:52.040 Hier wurde dieses Kuriensystem der Landtage übernommen, 00:02:52.040 --> 00:02:55.940 also auch hier Großgrundbesitzer, Handels- und Gewerbekammern, 00:02:56.200 --> 00:03:01.520 Städte und Märkte und Landgemeinden und dann später auch eine allgemeine Kurie. 00:03:06.560 --> 00:03:13.680 Dieses System nach Kurien zu wählen ist eben eine absolute Besonderheit in Europa. 00:03:13.680 --> 00:03:17.000 Also Österreich stellt hier einen Sonderfall dar. 00:03:17.140 --> 00:03:23.340 Aber mann muss auch sagen dass es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts absolut üblich war, 00:03:23.440 --> 00:03:29.020 Dass Steuerzensus eben als Voraussetzung des Wahlrechts galt war nicht ungewöhnlich, 00:03:29.020 --> 00:03:31.620 nur diese ungleiche Vertretung in Kurien. 00:03:32.020 --> 00:03:39.100 Nur Frankreich und die Schweiz hatten in dieser Zeit ein allgemeines und gleiches Männerwahlrecht, 00:03:39.100 --> 00:03:41.100 das heisst ein unbeschränktes Männerwahlrecht. 00:03:45.800 --> 00:03:48.980 Von den Landtagen, weil das Abgeordnetenhaus ist- 00:03:48.980 --> 00:03:56.120 also die Vertretung ist nach den Ländern, also jedes Land hat eine bestimmte Zahl der Abgeordneten- 00:03:56.320 --> 00:04:00.160 Und da hat eben- das ist geblieben mit der direkten Wahl, 00:04:00.160 --> 00:04:04.640 und da hat aber jede Kurie vom Landtag ihre Leute da hingeschickt. 00:04:04.780 --> 00:04:10.980 Das war auch ungleich, da waren eben diese peripheren Länder benachteiligt 00:04:10.980 --> 00:04:15.440 also gerade Krain, die Slowenen waren eigentlich immer benachteiligt, 00:04:15.440 --> 00:04:19.080 die hatten eigentlich- im Verhältnis zu den deutschensprachigen waren sie unterrepräsentiert. 00:04:19.580 --> 00:04:26.360 Und ja, dann kam noch die Nationalitätenfrage hinzu, also das sind mehrere Schichten von Ungleichheit. 00:04:27.620 --> 00:04:33.200 Aber es war eben Beschickung vorher durch die Landtage, und dann ab 1873 direkte Wahl. 00:04:33.760 --> 00:04:39.600 Ja es ist sehr interessant, weil eben dieses österreichische Wahlsystem so auf der Repräsentation 00:04:39.600 --> 00:04:42.440 von Besitz und Eigentum basiert hat. 00:04:42.740 --> 00:04:46.900 Da spielten eigentlich Geschlecht und auch Alter gar keine Rolle. 00:04:47.080 --> 00:04:52.520 Also es durften Minderjährige wählen, es durften unter Vormundschaft stehende Personen wählen 00:04:52.520 --> 00:04:53.740 und eben auch Frauen. 00:04:53.960 --> 00:04:57.480 Minderjährige und unter Vormundschaft stehende Personen 00:04:57.480 --> 00:05:02.740 mussten durch ihren Vormund vertreten werden bei der Stimmabgabe. 00:05:02.940 --> 00:05:06.660 Und bei Frauen galt das meistens auch, aber nicht immer. 00:05:06.660 --> 00:05:13.720 Also wir haben bei dem Gemeindewahlrecht eine explizite Vorgabe, §30 des Gesetzes, 00:05:14.180 --> 00:05:19.700 dass eben Frauen durch einen männlichen Bevollmächtigten bei der Wahl verteten sein müssen, 00:05:19.700 --> 00:05:21.500 oder durch ihren Ehemann. 00:05:21.880 --> 00:05:25.160 Jetzt wenn wir auf die nächste Ebene des Landtages gehen, 00:05:25.160 --> 00:05:28.700 ist es interessant dass da das perönliche Wahlrecht vorgeschrienem war. 00:05:28.700 --> 00:05:31.340 Da steht überhaupt nichts mehr von dieser Vertretung. 00:05:31.720 --> 00:05:36.740 Und das hat dann auch zu vielen Unstimmigkeiten und Verwirrung in den Gemeinden geführt, 00:05:36.740 --> 00:05:41.820 so dass in manchen Gemeinden die Stimmen von Frauen die da zur Wahlurne kamen 00:05:41.840 --> 00:05:43.580 nicht anerkannt wurden. 00:05:43.660 --> 00:05:47.620 Und von Anderen aber anerkannt wurden. 00:05:47.620 --> 00:05:49.900 Also das ist ein großes Durcheinander gewesen. 00:05:49.900 --> 00:05:54.200 Und deshalb mussten dann auch- manche Länder haben dann auch ihre Gesetze angepasst, 00:05:54.200 --> 00:05:57.620 entweder in die eine oder in die andere Richtung. 00:05:57.620 --> 00:06:02.800 Was jetzt auch noch ganz besonders in Österreich ist, und das findet man sonst nirgends in Europa 00:06:03.060 --> 00:06:08.920 ist, dass einige wenige Frauen auch auf der Ebene des Reichsrates ein Wahlrecht hatten. 00:06:08.920 --> 00:06:13.460 und zwar in der Kurie der Großgrundbesitzer - und dem Fall eben auch Großgrundbesitzerinnen. 00:06:13.840 --> 00:06:20.080 Und das waren wenige adelige Frauen oder auch Vertreter von Frauenklöstern die hier wählen durften. 00:06:24.780 --> 00:06:30.680 Ja was wir allerdings seit den 1880er Jahren sehen sind Nouvellierungen im Wahlrecht, 00:06:31.020 --> 00:06:35.220 und zwar die auf Frauen in ganz unterschiedlicher Weise gewirkt haben. 00:06:35.220 --> 00:06:39.140 Also manche Länder haben dann begonnen Frauen auszuschließen aus dem Wahlrecht, 00:06:39.140 --> 00:06:44.240 das betraf zum Beispiel die Kurien der Städte und Märkte 00:06:44.240 --> 00:06:48.560 und der Landgemeinden wo Frauen dann nicht mehr wählen durften in einigen Ländern. 00:06:49.020 --> 00:06:51.940 Aber es gab auch Erweiterungen des Frauenwahlrechts, 00:06:51.940 --> 00:06:55.940 zum Beispiel dass sie zugelassen wurden auf Gemeindeebene zum Wahlrecht. 00:06:55.940 --> 00:07:01.960 Also wir haben eine ganz gegenläufige Entwicklung, ein ganz komplexes Gewirr hier an Bestimmungen. 00:07:02.320 --> 00:07:08.500 Ein interessanter Aspekt ist zum Beispiel, dass beim Gemeindewahlrecht, das ja grundsätzlich bestand, 00:07:08.500 --> 00:07:14.880 dass in Städten mit eigenem Statut, das waren meistens die Landeshauptstädte, 00:07:15.100 --> 00:07:18.660 hier Frauen nicht wählen durften. Also Beispiele wären: 00:07:18.720 --> 00:07:23.320 Graz, Klagenfurt, Innsbruck, Linz, Salzburg, Wien. 00:07:23.560 --> 00:07:26.760 Hier durften also Frauen eigentlich nicht wählen. 00:07:26.840 --> 00:07:33.240 Aber zum Beispiel Salzburg hat dann doch später den Frauen das Gemeindewahlrecht ermöglicht. 00:07:33.240 --> 00:07:39.540 Also das ist wirklich eine sehr komplexe Entwicklung, die wir hier sehen. 00:07:39.660 --> 00:07:47.200 Die hatte damit zu tun, dass einige Parteien doch Vorteile auch im Frauenwahlrecht sahen. 00:07:47.280 --> 00:07:50.200 Vor allem weil das ja Frauen bestimmter Steuergruppen waren 00:07:50.780 --> 00:07:54.840 und sich hier Stimmengewinne erhofften und damit auch einer Ausweitung zustimten 00:07:54.840 --> 00:08:02.300 oder eben befürchteten dass das nachteilig sei und Frauen hier ausgeschlossen haben. 00:08:02.300 --> 00:08:12.400 Übrigens ist ja auch dieser erste Protest von Frauen für das Frauenwahlrecht 00:08:12.820 --> 00:08:18.240 1889 daraus entstanden dass Frauen befürchtet haben dass sie in Niederösterreich 00:08:18.360 --> 00:08:23.440 ihr Gemeindewahlrecht verlieren. Also das ist in diesem Kontext zu sehen. 00:08:24.040 --> 00:08:31.060 Ja, markant ist natürlich die Einführung des allgemeinen und gleichen Wahlrechts für Männer 00:08:31.100 --> 00:08:35.740 oder des unbeschränkten Wahlrechts für Männer 1907 auf der Ebene des Reichsrats, 00:08:35.880 --> 00:08:37.960 für das Abgeordnetenhaus des Reichsrats. 00:08:39.200 --> 00:08:45.180 Und das hat natürlich bedeutet, dass hier eindeutig Männer nur wählen durften, 00:08:45.180 --> 00:08:45.240 und damit die Großgrundbesitzerinnen ihr Privileg auf dieser Ebene verloren haben. Und das hat natürlich bedeutet, dass hier eindeutig Männer nur wählen durften, 00:08:45.240 --> 00:08:52.160 und damit die Großgrundbesitzerinnen ihr Privileg auf dieser Ebene verloren haben. 00:08:52.420 --> 00:08:58.780 Und was wir davon ableiten können und auch dass dadurch dass bei den allgemeinen Kurien, 00:08:58.780 --> 00:09:04.620 die ja auch in den Landtagen eingeführt wurden immer Frauen ausgeschlossen waren, 00:09:04.820 --> 00:09:13.120 dass wenn das Wahlrecht einmal als Individualrecht anerkannt wird, also dass es allen zusteht, 00:09:13.500 --> 00:09:19.300 plötzlich Geschlecht eine Bedeutung bekommt und Frauen hier ausgeschlossen werden 00:09:19.300 --> 00:09:21.300 und das sieht man auch europaweit. 00:09:21.300 --> 00:09:26.060 Das ist nicht nur in Österreich so eine Entwicklung zu sehen. 00:09:31.460 --> 00:09:36.120 Leider sind die Wählerlisten in vielen Gemeinden nicht mehr vorhanden 00:09:36.120 --> 00:09:39.020 also es ist etwas schwer zu erruieren. 00:09:39.240 --> 00:09:45.600 Wir wissen dass in Wiener Neustadt grundsätzlich 13% Frauen wahlberechtigt waren 00:09:45.620 --> 00:09:54.160 bei den Wahlen von 1913 dort, in manchen Gemeinden sollen es sogar 20% gewesen sein. 00:09:54.360 --> 00:09:58.600 Aber wir wissen nicht, wie viele Frauen tatsächlich die Stimme abgegeben haben. 00:09:58.600 --> 00:10:01.980 Das ist leider nicht mehr zu erruieren. Also alle diese Dokumente 00:10:02.780 --> 00:10:05.900 sind unseres Wissens bis jetzt noch nicht gefunden worden. 00:10:05.900 --> 00:10:08.960 Es wär da halt notwendig, dass man in jede Gemeinde geht 00:10:08.960 --> 00:10:12.640 im Gemeindearchiv nachschaut oder im Stadtarchiv nachschaut, 00:10:13.180 --> 00:10:17.560 ob es noch solche Listen gibt. Und das ist natürliche ein großes Unterfangen 00:10:17.620 --> 00:10:20.320 ein großes Projekt und das ist bisher noch nicht gemacht worden. 00:10:26.020 --> 00:10:31.920 Ja die Männer in Österreich folgten eigentlich einem internationalen Muster. 00:10:31.920 --> 00:10:35.380 Es gab das Geschlechterideal des 19. Jahrhunderts. 00:10:35.760 --> 00:10:38.220 Der Mann gehört in die Politik, in die Öffentlichkeit 00:10:38.220 --> 00:10:43.780 die Frau ins Privatleben, in die Famile und hat nichts eigentlich in der Politik zu suchen. 00:10:43.820 --> 00:10:48.740 Also dieses Geschlechterideal hat eben auch in Österreich gegolten 00:10:48.780 --> 00:10:52.100 und ist immer wieder vorgebracht worden. 00:10:52.100 --> 00:11:01.140 Es gibt viele schöne Zitate, z.B. von einem christlich sozialen Theoretiker, der eben gesagt hat, 00:11:01.140 --> 00:11:07.320 'Ja die Frauen sind aus körperlichen, physischen Gründen aber auch wegen ihrer geistigen Eigenart 00:11:07.320 --> 00:11:12.560 also auch aus psychischen Gründen nicht geeignet hier zu wählen.' 00:11:12.940 --> 00:11:17.300 Sie können nicht klar urteilen, sie seien emotional und so weiter. 00:11:17.300 --> 00:11:23.740 Also diese Argumente finden wir international und eben auch in Österreich. 00:11:24.840 --> 00:11:29.960 Es ging dann noch weiter, dass auch befürchtet wurde, dass das Auswirkungen auf die Familie hätte, 00:11:30.000 --> 00:11:34.680 wenn Frauen wählen würden, es würde zu Streit kommen innerhalb der Familie 00:11:35.340 --> 00:11:37.320 und zu Auseinandersetzungen. 00:11:37.480 --> 00:11:41.000 Und wenn einmal nicht mehr die Familie als Zusammenhalt besteht, 00:11:41.100 --> 00:11:44.860 dann wird der Staat zusammenbrechen und überhaupt die ganze Gesellschaft 00:11:44.860 --> 00:11:47.920 weil ja die Familie die Grundlage des Staates sei. 00:11:48.180 --> 00:11:53.240 Und das sind eigentlich die wesentlichen Argumente, die hier gesehen wurden 00:11:53.240 --> 00:11:56.420 und offen dargelegt wurden gegen das Frauenwahlrecht. 00:12:01.340 --> 00:12:10.640 Ja in erster Linie waren das die Mitglieder, oder viele Mitglieder der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. 00:12:10.860 --> 00:12:16.000 Die Sozialdemokraten hatten diesen Zusatz 'ohne Unterschied des Geschlechts' 00:12:16.060 --> 00:12:20.220 zur Wahlrechtsforderung 1892 in ihr Programm aufgenommen. 00:12:20.220 --> 00:12:24.480 Allerdings haben sie es am Anfang nicht wirklich offensiv vertreten. 00:12:24.480 --> 00:12:30.860 Es stand immer dem unbeschränkten Männerwahlrecht die Priorität zu. 00:12:30.860 --> 00:12:36.140 Also das sollte zuerst erkämpft werden und dann würden die Frauen nachkommen. 00:12:36.140 --> 00:12:42.080 Und das ist auch dann tatsächlich bei den großen Wahlrechtskämpfen 1905/06 durchgeführt worden. 00:12:42.080 --> 00:12:47.300 Die Frauen haben auch ihre Forderung in der Partei - also die Sozialdemokratinnen - zurückgestellt. 00:12:48.080 --> 00:12:52.740 Und den Kampf der Männer um das unbeschränkte Männerwahlrecht unterstützt. 00:12:53.160 --> 00:12:59.860 Und erst nach 1907 ist dann mehr Einsatz geleistet worden von der Partei. 00:12:59.860 --> 00:13:04.420 Also es wurden dann im Reichsrat Gesetzesvorlagen eingereicht, 00:13:04.420 --> 00:13:07.400 oder auch auf Gemeindeebene, Landtage und so weiter 00:13:07.400 --> 00:13:13.060 für das allgemeine und gleiche Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechts. 00:13:13.420 --> 00:13:19.480 Viele Sozialdemokraten haben halt befürchtet, dass Frauen reaktionär oder klerikal wählen würden, 00:13:19.600 --> 00:13:28.580 weil sie eben als religiöser erachtet wurden und unter dem Knüppel des Priesters gesehen wurden 00:13:28.580 --> 00:13:31.040 und das war schon eine gespaltene Meinung 00:13:31.040 --> 00:13:35.520 auch innerhalb der Partei zu diesem Punkt des Programmes muss man sagen. 00:13:36.880 --> 00:13:45.980 Ansonsten gab es so vereinzelt Abgeordnete, die sich für das Frauenwahlrecht auch eingesetzt haben. 00:13:46.720 --> 00:13:51.640 Wir haben freisinnige Liberale, Ferdinand Kronawetter ist z.B. zu nennen, 00:13:51.640 --> 00:13:56.560 der immer wieder versucht hat im Reichstag einen Gesetzesentwurf einzureichen. 00:13:56.560 --> 00:13:59.200 Der ist dann zur Sozialpolitischen Partei gegangen. 00:13:59.500 --> 00:14:01.560 Und später war das Julius Ofner, 00:14:01.560 --> 00:14:06.240 Julius Ofner war auch ein großer Förderer des Frauenwahlrechts, ein Rechtsanwalt. 00:14:06.240 --> 00:14:10.500 der sich eben für die Rechtsbelange von Frauen eingesetzt hat, 00:14:10.500 --> 00:14:14.060 besonders mit der Frauenbewegung eng zusammengearbeitet hat. 00:14:14.360 --> 00:14:19.760 Und er hat der Sozialpolitischen Partei auch angehört, später auch der Deutschen Freiheitspartei, 00:14:19.760 --> 00:14:26.940 die auch das Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechts gefordert hat. 00:14:26.940 --> 00:14:34.780 Aber diese Partei war so klein, die hat sich auch vor dem Kriegsbeginn gar keiner Wahl stellen können. 00:14:39.720 --> 00:14:45.600 Ja es gab eigentlich viele Neuerungen, allerdings auch Kontinuitäten muss man sagen. 00:14:46.540 --> 00:14:52.700 Fangen wir mal an mit so ganz grundsätzlichen Dingen wie Wahlalter, Seßhaftigkeit. 00:14:52.700 --> 00:14:57.520 Das allgemeine und gleiche Männerwahlrecht das 1907 00:14:57.520 --> 00:15:01.760 für die parlamentarischen Wahlen eingeführt worden war 00:15:02.280 --> 00:15:05.680 hat eine sehr lange Säßhaftigkeitsklausel festgelegt. 00:15:05.680 --> 00:15:10.520 Also man musste ein Jahr in einer Gemeinde seßhaft sein um wählen zu können. 00:15:10.740 --> 00:15:17.020 Das hat dann bestimmte Gruppen wie Hausierer und eben Saisonarbeiter ausgeschlossen. 00:15:17.300 --> 00:15:21.680 Das wurde nun abgeschafft, diese lange Seßhaftigkeitsklausel. 00:15:22.720 --> 00:15:29.060 Andere Sache war das Wahlalter. Eigentlich war ja 24 Jahre das Alter der Großjährigkeit. 00:15:29.400 --> 00:15:34.020 Und die Sozialdemokraten haben durchgesetzt dass das auf 20 Jahre heruntergesetzt wird. 00:15:34.220 --> 00:15:36.760 Waren auch teilweise die Parteien einverstanden, 00:15:36.760 --> 00:15:42.380 weil damit auch die jungen Soldaten, die im Krieg gekämpft hatten damit inkludiert waren. 00:15:45.500 --> 00:15:53.280 Ganz wichtig ist, dass mit dem demokratischen Wahlrecht nun alle Ebenen von Wahlen erfasst wurden. 00:15:53.500 --> 00:16:01.260 Es war ja- in der Zeit der Monarchie galt ja das unbeschränkte Männerwahlrecht nur für das Abgeordnetenhaus des Reichsrates. 00:16:01.700 --> 00:16:10.060 Und jetzt in der Republik Österreich sollte es für alle Ebenen gelten, auch für Gemeinden und Landtage. 00:16:10.340 --> 00:16:15.940 Eine weitere wichtige Neuerung war auch dass jetzt aktive Soldaten wählen durften. 00:16:15.940 --> 00:16:18.080 Das war also vorher nicht der Fall gewesen. 00:16:18.080 --> 00:16:23.300 Also die Offiziere, Soldaten die im Felde waren durften nicht mit abstimmen. 00:16:23.300 --> 00:16:28.480 Das hat sich jetzt eben auch geändert mit dem Wahlgesetz von 1918. 00:16:28.560 --> 00:16:34.360 Dieses Wahlgesetz war für die konstituierende Nationalversammlung bestimmt, 00:16:34.360 --> 00:16:39.980 also ist am 18. Dezember 1918 durchgekommen 00:16:40.160 --> 00:16:46.100 und hat erstmal eine Nationalversammlung, die die Verfassung ausarbeiten sollte betroffen, 00:16:46.100 --> 00:16:54.180 und erst danach ist dann ein ständiges Wahlgesetz für den Nationalrat erlassen worden. 00:16:54.700 --> 00:16:59.860 Also eines der interessantesten Aspekte dieses Wahlgesetzes 00:17:00.160 --> 00:17:03.480 ist eigentlich die Einführung einer Wahlzelle. 00:17:03.960 --> 00:17:08.060 Und damit auch der Aspekt der geheimen Stimmabgabe. 00:17:08.760 --> 00:17:15.860 Allerdings ist das ein Thema gewesen, das sich nicht so leicht dann in der Praxis hat durchsetzen lassen. 00:17:15.860 --> 00:17:21.480 obwohl die Sozialdemokraten gerne ein wirklich geheimes Wahlrecht gehabt hätten. 00:17:22.120 --> 00:17:28.040 Mit der Wahlzelle ist in der Zeite der Monarchie ein bisschen experimentiert worden in einigen Ländern. 00:17:28.040 --> 00:17:35.540 Aber sie ist dann eben vorgeschrieben worden erst mit diesem Gesetz 1918. 00:17:35.540 --> 00:17:41.940 Allerdings musste die Wahlzelle nicht unbedingt verwendet werden. 00:17:42.280 --> 00:17:49.580 Die Wähler und Wählerinnen konnten den Stimmzettel - oder einen Stimmzettel - 00:17:49.840 --> 00:17:54.040 auch schon mitbringen von zu Hausen, also ausgefüllt von zu Hause. 00:17:54.040 --> 00:18:01.260 Oder sie haben ihn im Wahllokal ausgefüllt, musste nicht unbedingt in der Wahlzelle sein, und dann abgegeben. 00:18:01.280 --> 00:18:05.720 Also das war eben die Methode die üblich war in der Zeit der Monarchie, 00:18:05.720 --> 00:18:09.000 und da hat sich eine Umstellung noch als sehr schwierig erwiesen. 00:18:13.800 --> 00:18:17.660 Ja es gibt verschiedene Gründe für den Ausschluss von Wahlen. 00:18:17.980 --> 00:18:22.540 Das konnten Personen sein, die entmündigt waren, die durften eben nicht wählen 00:18:22.540 --> 00:18:26.440 oder auch Personen die wegen bestimmter Straftaten verurteilt worden waren. 00:18:26.860 --> 00:18:30.860 Ganz markant für Frauen ist, dass Prostituierte 00:18:30.980 --> 00:18:36.240 vom Wahlrecht ausgeschlossen waren und eben nicht wählen durften. 00:18:36.240 --> 00:18:41.640 Allerdings konnte sich diese Klausel nicht lange halten. 00:18:41.640 --> 00:18:46.740 Sie ist dann schon bald gefallen, auch auf Grund der Bundesverfassung, 00:18:46.740 --> 00:18:55.660 die eben so etwas verboten hat, dass eben solche Straftaten unter einen Ausschluss gefallen sind. 00:18:55.960 --> 00:18:59.880 Geschlechtergeschichtlich interessant ist auch, dass Männer, 00:18:59.880 --> 00:19:03.180 deren väterliche Gewalt über die Kinder entzogen worden waren, 00:19:03.180 --> 00:19:07.280 für einen bestimmten Zeitraum nicht wählen durften. 00:19:07.280 --> 00:19:12.160 Auch Männer, die wegen Trunkenkheit verurteilt waren durften nicht wählen. 00:19:12.160 --> 00:19:20.260 Also es gibt auch wietere moralische Gründe, nicht nur Prostitution, die hier zum Ausschluss geführt haben. 00:19:24.780 --> 00:19:31.280 Ja also Frauen wollten das Wahlrecht schonmal ganz grundsätzlich aus Gründen der Gleichberechtigung. 00:19:31.280 --> 00:19:36.680 Also sie haben gleiche Rechte mit Männern erkämpfen wollen. 00:19:36.680 --> 00:19:42.940 Sie empfanden dass in dieser Idee, dass das Individuum nur zählt, 00:19:42.940 --> 00:19:49.300 dass jedes Individuum die gleichen Rechte haben sollte, die Ideen der Aufklärung- als nicht statthaft, 00:19:49.300 --> 00:19:53.680 oder nicht akzeptabel, dass Frauen hier anders behandelt werden sollten. 00:19:53.740 --> 00:19:56.020 Das war mal die Grundidee. 00:19:56.020 --> 00:20:02.560 Die Frauen die sich organisiert haben für das Frauenwahlrecht, die hofften auch, 00:20:02.560 --> 00:20:07.740 bestimmte Ziele der Frauenbewegung zu erreichen mit politischen Rechten. 00:20:07.740 --> 00:20:14.480 Sie wollten ja höhere Bildung für Mädchen, bessere Erwerbsmöglichkeiten überhaupt für Frauen, 00:20:14.480 --> 00:20:17.180 Reformen im Ehe- und Familienrecht, 00:20:17.180 --> 00:20:23.220 dass z.B. die Vormundschaft über Kinder gleichberechtigt aufgeteilt, also ermöglicht wurde, 00:20:23.220 --> 00:20:28.160 dass Scheidungsrecht ermöglicht werden würde, 00:20:28.620 --> 00:20:32.080 Mutterschutz, Kinderschutz, also alle diese Themen. 00:20:32.080 --> 00:20:38.280 Hofften sie eben dann mit ihren eigenen politischen Rechten dann wirklich durchsetzen zu können. 00:20:38.280 --> 00:20:42.420 Also das waren mal so die Grundüberlegungen für das Wahlrecht. 00:20:42.660 --> 00:20:50.760 Der ganz spezifische Anlass dann, dass Frauen begonnen haben, sich kontinuierlich 00:20:50.760 --> 00:20:57.940 für die Frauenwahlrechtsforderung einzusetzen, war dass Lehrerinnen in Niederösterreich 00:20:58.500 --> 00:21:02.460 sich benachteiligt gefühlt haben gegenüber ihren männlichen Kollegen, 00:21:02.460 --> 00:21:09.440 und befürchtet haben, wenn sie jetzt ihr Gemeindewahlrecht, das sie in Niederösterreich noch hatten verlieren, 00:21:09.680 --> 00:21:16.220 praktisch auch nicht mehr ihre Forderungen bezüglich Gehalt und Einstellungsmöglichkeiten, 00:21:16.220 --> 00:21:19.880 also alle beruflichen Ziele da durchsetzen konnten. 00:21:19.880 --> 00:21:27.040 Das waren eben dann spezifische Interessen und Motive, für das Wahlrecht. 00:21:27.040 --> 00:21:34.960 Aber manche Frauen in der Frauenwahlrechtsbewegung haben auch sehr betont, 00:21:34.960 --> 00:21:39.520 dass Frauen eigentlich das bessere Geschlecht seien. 00:21:39.520 --> 00:21:42.740 Also sie haben Männern vorgeworfen, sie würden Kriege verursachen, 00:21:42.740 --> 00:21:49.720 Sie würden Unordnung in die Gesellschaft bringen, und Frauen hätten auf Grund ihrer Mütterlichkeit, 00:21:49.720 --> 00:21:54.400 also ihrer angeborenen 'Mütterlichkeit' - sie haben eben sehr essentialistisch gedacht - 00:21:54.800 --> 00:22:05.960 und auch auf Grund ihrer besonderen Fähigkeiten im Haushalt, einen Haushalt zu führen usw. 00:22:05.960 --> 00:22:08.360 sie würden der Gesellschaft etwas geben können, 00:22:08.360 --> 00:22:10.920 was Männer der Gesellschaft nicht geben konnten. 00:22:11.120 --> 00:22:17.520 Und dieses Argument hat sich sehr verbreitet, auch in der Monarchie aber nicht nur dort. 00:22:17.520 --> 00:22:22.320 Das ist ein Argument, das überall in Europa, auf der Welt eigentlich, 00:22:22.320 --> 00:22:25.100 für das Frauenwahlrecht hervorgebracht wurde in dieser Form. 00:22:25.600 --> 00:22:32.600 Und hat eben manche Frauen sehr stark auch dazu gebracht, 00:22:32.600 --> 00:22:37.580 dass sie im Wahlrecht das Allheilmittel für die Gesellschaft sahen. 00:22:37.580 --> 00:22:41.880 Wir wissen natürlich nicht, ob das manchmal eher rhetorisch eingesetzt wurde, 00:22:41.880 --> 00:22:44.000 oder wirklich ihrer Überzeugung entsprach. 00:22:44.360 --> 00:22:49.680 Aber da es doch ein weltweites Argument eigentlich war, 00:22:50.000 --> 00:23:00.300 ist diese Idee, den vorherrschenden Geschlechteridealen, 00:23:00.300 --> 00:23:05.280 die eben ganz hierarchisch aufgebaut waren mit Frauen unter den Männern 00:23:05.280 --> 00:23:05.300 etwas entgegen gesetzt werden sollte, eben dass Frauen Männern die eben ganz hierarchisch aufgebaut waren mit Frauen unter den Männern 00:23:05.300 --> 00:23:09.060 etwas entgegen gesetzt werden sollte, eben dass Frauen Männern 00:23:09.260 --> 00:23:12.300 mindestens komplementär, wenn eben nicht besser sind. 00:23:19.820 --> 00:23:24.880 Ja dieses Verhältnis zwischen Sozialdemokratinnen und bürgerlich-liberalen Frauen 00:23:24.920 --> 00:23:28.060 ist eigentlich recht schwierig gewesen. 00:23:28.060 --> 00:23:33.880 Also wir haben auf der einen Seite den Allgemeinen Österreichischen Frauenverein, 1893 gegründet. 00:23:33.880 --> 00:23:41.320 Deren Akteurinnen eigentlich den Ideen der Sozialdemokratie sehr nahe standen 00:23:41.320 --> 00:23:42.900 und sie auch unterstützt haben. 00:23:43.180 --> 00:23:49.420 Aber die Partei hat zu manchen dieser Frauen, die eben auch da enger zusammenarbeiten wollten gesagt: 00:23:49.600 --> 00:23:55.440 'Nein', sie gehören nicht der Klasse der Arbeiterinnen an, sie sollen lieber 00:23:55.640 --> 00:24:02.280 in ihrem sozialen Umfeld für ihre Rechte arbeiten. 00:24:02.440 --> 00:24:10.940 Für die Sozialdemokraten und -demokratinnen war eben das Wahlrecht ganz deutlich ideologisch behaftet. 00:24:10.940 --> 00:24:17.840 Also sie haben das Wahlrecht als einen Schritt auf dem Weg zur Ablösung vom Kapitalismus betrachtet. 00:24:18.460 --> 00:24:21.920 Diesen Weg konnten eigentlich nur Arbeiterinnen gehen, 00:24:21.920 --> 00:24:28.240 die Arbeiter*innenklasse, die eben gegen das Bürgertum sich hier erhebt 00:24:28.240 --> 00:24:31.060 und zu einer Revolution bringt. 00:24:31.060 --> 00:24:37.860 Und diese ideologischen Gegensätze waren eigentlich schwierig zusammen zu bringen. 00:24:38.220 --> 00:24:45.120 Und was auch die Sozialdemokratinnen sehr gestört hat an der bürgerlich-liberalen Bewegung war, 00:24:45.120 --> 00:24:52.240 dass diese sich eben als Frauen organisiert hat, also besonders die Rechte von Frauen betont haben, 00:24:52.240 --> 00:24:55.560 während die Sozialdemokratinnen argumentiert haben: 00:24:55.560 --> 00:24:58.560 'wir müssen unsere Rechte gemeinsam mit den Männern erkämpfen.' 00:24:58.560 --> 00:25:03.260 Und 'wir müssen mit den Männern zusammen gehen, wir können uns da nicht abgrenzen.' 00:25:03.420 --> 00:25:07.160 Also das waren grundsätzliche Schwierigkeiten, die es gegeben hat. 00:25:07.580 --> 00:25:14.020 Dennoch kommt es manchmal zu einer Kooperation zwischen beiden Gruppierungen, 00:25:14.180 --> 00:25:20.820 aber das ist immer nur sporadisch gewesen und diese ideologische Kluft 00:25:20.820 --> 00:25:26.460 hat doch sehr viel dazu beigetragen, dass es hier zu getrennten Wegen kam. 00:25:26.720 --> 00:25:29.960 Diese haben sich auch in den Strategien geäußert. 00:25:30.220 --> 00:25:34.600 Die bürgerlich-liberalen Frauen haben Versammlungen abgehalten, 00:25:34.600 --> 00:25:40.900 haben Broschüren publiziert und haben vor allem Petitionen an die Parlamente gerichtet. 00:25:41.280 --> 00:25:46.220 Und die Sozialdemokratinnen haben gesagt 'wir gehen nicht und bitten 00:25:46.220 --> 00:25:51.940 für das Frauenwahlrecht, wir fordern es durch Agitation und vor allem durch Demonstrationen.' 00:25:52.220 --> 00:25:58.820 Und sie haben eben auch viele Demonstrationen für das Frauenwahlrecht veranstaltet, 00:25:58.880 --> 00:26:06.060 sind also auf die Strasse gegangen, etwas was bürgerlich-liberale Frauen eben eher nicht tun wollten. 00:26:06.060 --> 00:26:10.760 Das wurde als nicht respektabel angesehen. 00:26:11.020 --> 00:26:15.400 Also bei den Sozialdemokratinnen haben wir z.B die Demonstrationen zum 1. Mai, 00:26:15.400 --> 00:26:18.460 wo auch das Frauenwahlrecht zur Sprache kam. 00:26:18.460 --> 00:26:25.520 Oder vor allem dann die Internationalen Frauentage ab 1911, wo es große Demonstrationen gab. 00:26:25.520 --> 00:26:28.480 Wir denken an den ersten Frauentag in Wien 1911, 00:26:28.480 --> 00:26:35.440 wo 20.000 Frauen und auch Männer über den Ring gegangen sind 00:26:35.440 --> 00:26:37.760 und das Frauenwahlrecht gefordert haben. 00:26:37.760 --> 00:26:40.860 Also es war auch in strategischen Fragen ein Unterschied. 00:26:41.460 --> 00:26:48.160 Und dann ein ganz großer Bruch kam natürlich bei den Wahlrechtskämpfen 1905/06, 00:26:48.540 --> 00:26:53.540 wo die Sozialdemokratinnen die Frauenwahlrechtsforderung zurückgestellt haben 00:26:53.820 --> 00:26:59.640 und die bürgerlich-liberalen Frauen, vor allem unter der Marianne Hainisch, 00:26:59.640 --> 00:27:02.780 also nicht alle bürgerlich-liberalen Frauen haben das mitgetragen, 00:27:02.780 --> 00:27:06.200 aber eine Gruppe um Marianne Hainisch herum, die gesagt haben 00:27:06.200 --> 00:27:09.280 'na jetzt müssen wir aber erst recht das Frauenwahlrecht fordern.' 00:27:09.640 --> 00:27:14.060 Und ein Frauenwahlrechtskomitee wurde gegründet usw. 00:27:14.060 --> 00:27:19.400 und sich da ganz deutlich gegen die sozialdemokratische Strategie gewandt haben. 00:27:24.360 --> 00:27:29.520 Die Frauenbewegungen gingen in unterschiedlicher Weise an die Öffentlichkeit. 00:27:29.760 --> 00:27:35.550 Die bürgerlich-liberale Frauenbewegung hat das eher in Form von Versammlungen gemacht. 00:27:35.920 --> 00:27:41.550 Broschüren, Zeitungen und so weiter, 00:27:41.800 --> 00:27:44.740 hat versucht, so Öffentlichkeitsarbeit zu machen. 00:27:44.800 --> 00:27:49.370 Das ist ihr, muss man auch sagen, nur in einem sehr kleinen Rahmen gelungen. 00:27:49.370 --> 00:27:54.170 Also da ist sie nicht so erfolgreich gewesen letzten Endes. 00:27:54.570 --> 00:27:59.860 Im Gegensatz zu den Sozialdemokratinnen, die wirklich auch die Strasse in Besitz genommen haben. 00:28:00.040 --> 00:28:07.000 Sie haben Demonstrationen organisiert, den Frauentag von 1911 z.B., 00:28:07.000 --> 00:28:13.970 wo eine große Zahl an Frauen und Männern hier in Wien marschiert ist, 00:28:13.970 --> 00:28:17.280 auf dem Ring, 20.000 sollen es gewesen sein. 00:28:17.970 --> 00:28:27.820 Also dieses, wirklich auf der Strasse demonstrieren ist ein spezifisches Mittel der Sozialdemokratinnen gewesen, 00:28:28.020 --> 00:28:31.910 und wurde eben nicht von den bürgerlich-liberalen Frauen in Anspruch genommen. 00:28:32.040 --> 00:28:41.240 Mit einer Ausnahme. 1913 hat es eine internationale Frauenkonferenz hier in Wien gegeben, 00:28:41.480 --> 00:28:47.400 wo auch den ausländischen Gästen der verschiedenen Frauenwahlrechtsvereine 00:28:47.750 --> 00:28:56.510 gezeigt werden sollte, dass eben auch in Österreich etwas geschieht zur Frauenwahlrechtsforderung. 00:28:56.680 --> 00:29:01.730 Und hier wurde eine Demonstration in Automobilen und Pferdekutschen organisiert. 00:29:01.950 --> 00:29:05.570 Allerdings bei der Polizei gemeldet als Touristenfahrt. 00:29:05.570 --> 00:29:10.860 Also sie wollten das auch nicht als politische Demonstration deklarieren. 00:29:11.420 --> 00:29:18.480 Sondern sind dann eben, doch in einer beträchtlichen Anzahl von Kutschen und Autos damals schon 00:29:18.860 --> 00:29:23.310 gefahren, hinaus nach Schönbrunn und dann wieder zurück zum Parlament 00:29:23.310 --> 00:29:29.510 und haben da dem Ministerpräsidenten auch eine Petition also eine Festschrift überreicht. 00:29:29.880 --> 00:29:32.370 mit der Forderung des Frauenwahlrechts. 00:29:37.460 --> 00:29:41.200 Ja die Österreichische Frauenpartei wurde 1929 gegründet. 00:29:41.530 --> 00:29:46.730 Und zwar als Reaktion auf ein politisches Umfeld. 00:29:47.480 --> 00:29:53.060 Einerseits waren die Wahlen 1927 enttäuschend ausgefallen. 00:29:53.060 --> 00:29:59.770 Marianne Hainisch hat den Wählerinnen Unkenntnis über ihre Wahlpflicht usw. vorgeworfen. 00:30:00.330 --> 00:30:08.040 Es war eine große Enttäuschung allgemein in diesen bürgerlich-liberalen Kreisen da, 00:30:08.260 --> 00:30:16.600 weil diese Parteien, die eigentlich ihre Ziele repräsentiert haben völlig zersplittert waren 00:30:16.600 --> 00:30:19.600 und es ihnen auch gar nicht gelang Mandate zu erringen. 00:30:19.600 --> 00:30:24.680 Also sie hatten keine wahre Vertretung im Parlament. 00:30:25.130 --> 00:30:28.350 Und allgemein war die politische Situation so 00:30:28.350 --> 00:30:32.840 dass bürgerkriegsähnliche Zustände damals in Österreich geherrscht haben. 00:30:32.840 --> 00:30:37.400 Es gab eine ganz tiefe Kluft zwischen den politischen Lagern 00:30:37.400 --> 00:30:41.440 der Sozialdemokraten und der christlich-sozialen Deutschnationalen. 00:30:41.710 --> 00:30:45.420 Also das waren große Probleme die so gesehen wurden. 00:30:45.730 --> 00:30:52.040 Und manche Frauen im Bund Österreichischer Frauenvereine haben sich überlegt, 00:30:52.040 --> 00:30:56.020 dass eben ein Zusammenschluss der Frauen als Frauenpartei, 00:30:56.020 --> 00:30:58.800 die nicht selber kandidieren sollte grundsätzlich, 00:30:58.950 --> 00:31:05.060 sondern bestimmte Parteien, die ihre Ziele vertreten haben unterstützen sollte. 00:31:05.220 --> 00:31:09.820 Und so die Wählerinnen dazu bringen würde auch vermehrt in diese Richtung zu wählen, 00:31:09.820 --> 00:31:13.060 und damit auch einen politischen Frieden im Land herbeizuführen. 00:31:14.440 --> 00:31:17.330 So wurde eben 1929 diese Partei gegründet. 00:31:17.800 --> 00:31:22.480 Als Ziele haben sie an erster Stelle diesen politischen Frieden genannt. 00:31:23.060 --> 00:31:28.170 Sie wollten aber auch z.B die Anerkennung der Hausarbeit als Beruf erreichen. 00:31:28.280 --> 00:31:31.750 Eine Krankenversicherung und Altersversorgung für Hausfrauen, 00:31:31.750 --> 00:31:34.950 z.B. auch die Vertretung de Hausfrauen in einer spezifischen Kammer. 00:31:34.950 --> 00:31:37.370 Das waren so spezifische Frauenziele. 00:31:37.750 --> 00:31:41.730 Neben anderen Reformen die sie hier vorgelegt haben. 00:31:42.310 --> 00:31:49.310 Und sie haben dann bei den nächsten Nationalratswahlen 1930 00:31:49.600 --> 00:31:53.080 beschlossen, den sogenannten Schober-Block zu unterstützen. 00:31:53.330 --> 00:31:58.420 Johannes Schober hat Sympathien unter den Frauen erweckt, 00:31:58.420 --> 00:32:02.240 weil er gegen ein zu viel an Politik war. 00:32:02.240 --> 00:32:06.000 Also praktisch diesen politischen Zwist dadurch beenden wollte, 00:32:06.000 --> 00:32:08.530 dass er eine Art Beamtenregierung eingeführt hat. 00:32:08.530 --> 00:32:17.260 Allerdings hat er auch eine Koalition gebildet mit den Deutschnationalen, mit der Großdeutschen Volkspartei. 00:32:17.800 --> 00:32:22.370 Was dann auch erfolgreich war bei den Wahlen. 00:32:23.110 --> 00:32:27.660 Es wurde dann aber trotzdem nur eine Frau 1930 gewählt, 00:32:27.660 --> 00:32:35.200 Marie Schneider, eine Großdeutsche, die dann auch von dieser Frauenpartei unterstützt wurde 00:32:35.200 --> 00:32:38.820 in ihrer parlamentarischen Arbeit. 00:32:39.200 --> 00:32:45.440 Allerdings damit auch den Antisemitismus repräsentiert hat, was auch ein Problem war 00:32:45.440 --> 00:32:51.280 für manche Frauen in der Frauenpartei oder überhaupt in dieser bürgerlich-liberalen Bewegung, 00:32:51.280 --> 00:32:54.860 da ja hier auch viele Jüdinnen aktiv waren. 00:32:59.440 --> 00:33:03.060 Allerdings haben wir doch eine Kandidatur dieser Frauenpartei 00:33:03.060 --> 00:33:07.480 und zwar als Frauenliste bei den innsbrucker Geminderatswahlen 1931, 00:33:07.480 --> 00:33:10.510 wo eben diese Liste auch kandidiert hat. 00:33:10.510 --> 00:33:14.480 Und immerhin über 700 Stimmen zusammengebracht hat. 00:33:14.480 --> 00:33:19.200 Allerdings damit doch im Gemeinderat kein Mandat errungen hat.